Horst Gunkel über Claus David Grube
Das Zen der ersten Million


„Auch das noch“, war meine erste Reaktion, als ich den Titel dieses Buches las, es scheint sich um „Buddhismus für den Gier-Typ“ zu handeln. Niemals hätte ich mir ein Buch mit einem solchen Titel gekauft, doch der Econ-Verlag bot dem BuddhaNetz-Info ein kostenloses Exemplar zur Rezension an, und da wir uns im ÖkoBüro Hanau nicht nur mit Ökologie sondern auch mit Ökonomie befassen, stimmte ich zu, eine Rezension zu schreiben. Um es vorweg zu nehmen: der Autor hat meine gröbsten Befürchtungen nicht bestätigt, allerdings auch nicht völlig zerstreut.

Das Buch ist in eine Rahmenhandlung eingepackt. Grube gibt an, sein japanischer Zen-Meister habe ihn aufgefordert, in den Westen zu gehen und eine Million zu machen, gewissermaßen als Konzentrationsübung, und erst dann wieder zurückzukehren ins Kloster. Wann immer bei Grubes Weg zur Zielerreichung Probleme auftraten, habe er sich vertrauensvoll an seinen Zenmeister gewendet und von diesem Antworten bekommen. Diese Antwortbriefe sind im Buch abgedruckt und haben die Aufgabe, östliche Weisheitslehren quasi authentisch wiederzugeben.

Es ist jedoch nicht die Religion der Gier, die wir vom Börsengeschehen her kennen und die in Form von Globalisierung und shareholder value auf dem Rücken der Menschen ausgetragen wird, der Grube huldigt. Vielmehr berichtet er, dass er zunächst als Angestellter einer Anlageberatungsfirma arbeitete, aus der er ausschied wegen deren unethischen Handelns. Ziel der Firma sei es gewesen, möglichst viel Geld von vermögenden Menschen zu aquirieren, ohne dass wirklich das Ziel verfolgt wurde, zur Vermögensbildung beizutragen, sondern vielmehr besteht das Ziel dort nur darin, möglichst hohe Provisionen zu kassieren. Wurde das Geld der Kunden dafür in den Sand gesetzt, so war es den „Anlageberatern“ völlig egal, denn deren Provisionen waren gesichert.

Grube schildert, wie er statt dessen mit Futures und Optionen handelte und dabei sein Geld und das seiner Klienten erfolgreich vervielfachte. Selbstverständlich gibt es auch bei diesen Geschäften Verlierer, das Geld wird je nicht neu erfunden, vielmehr ist der Gewinn des einen immer der Verlust des anderen, aber es geht nicht darum jemanden, durch Täuschung zu übervorteilen. Dabei stellt Grube klar Begriffe wie „Achtsamkeit“, „Meditation“ und einen etwas eigenwillig interpretierten Ökologiebegriff (der eher dem Begriff von Metta als dem von Ökologie entspricht) ins Zentrum seiner Darlegungen.

Für Menschen, die sich bemühen den Pfad des Buddha zu gehen ist allerdings etwas störend, daß eine zweite Lehre in Grubes Argumentation eine gleichzentrale Rolle spielt, und das ist NLP (Neurolinguistisches Programmieren). Meines Erachtens wird das Buch dadurch etwas überfrachtet, auch wenn ich nicht abstreiten will, dass die Denkansätze von NLP sicher recht hilfreich sein können. Diese Tendenz zum Überfrachten des Buches lässt sich auch an einer weiteren Methodik des Autors festmachen: er fügt reihenweise Übungen ein. Sicher waren diese Übungen für Grube auf seinem Weg sehr hilfreich, doch die tägliche Anwendung dieser Übungen, die Grube empfiehlt, ist für einen Menschen, der vorhat, noch irgendetwas anderes zu tun, schier unmöglich, auch wenn er meint, dass 10 Minuten für eine Übung ausreichen. Aber es sind immerhin nicht weniger als 21 Übungen, die er uns über das Buch verteilt gibt, und diese Übungen sind jeweils mehrteilig und bestehen aus bis zu 11 Übungsanweisungen für die einzelnen Teile der Übungen.

Auch zum Bereich Wirtschaft gibt Grube uns Erklärungen. Wer noch gar keine Ahnung hat was Futures und Optionen sind, was man unter Calls und Puts versteht, der wird hinterher eine leise Ahnung davon haben, worum es dabei geht. Allerdings sind die Erklärungen, die Grube uns gibt, nicht geeignet, das System wirklich zu durchschauen, vielmehr besteht die Gefahr, dass wenn wir bereits wissen, was Warentermingeschäfte sind, unsere Konfusion nach dem durchlesen größer ist als zuvor. Aber die Erläuterungen der Feinheiten von CME und CboT sind ja auch nicht das eigentliche Anliegen des Buches.

Für wen ist also das Buch nun also wirklich geeignet? Natürlich für all jene, die vorhaben, Grube zu ihrem Guru zu machen und sich ihm voll zu verschreiben. Darüber hinaus aber auch für alle, die sich dafür interessieren, in der Wirtschaft aktiv zu sein und sich dabei die Reinheit des Herzens zu bewahren. Wer jedoch das Buch in der Hoffnung liest, eine Gebrauchsanweisung zu bekommen, um möglichst schnell Millionär zu werden, für den ist sicher nur eine Lehre aus dem Buch zu entnehmen: „Sei nicht gierig“. Neben der Entwicklung von positiven Emotionen, also der Bekämpfung des Wurzelübels „Hass“, ist die Bekämpfung des Wurzelübels „Gier“ eine zweite Botschaft. Bleibt die Frage, warum man dann noch so verblendet sein sollte, eine Million zu machen (wenn man nicht gerade von seinem Zen-Meister dies als Aufgabe bekommen hat). Aber vielleicht ist ja gerade das Lösen von dieser Verblendung das, was Grube im Leser entstehen lassen will. Und schließlich weist er selbst darauf hin, dass es im wesentlichen darum geht, ein (selbst) gesetztes Ziel zu erreichen. Von daher wäre der Titel „Vom vollendeten Streben“ sicher angebrachter. Aber wer würde ein Buch mit einem solchen Titel schon kaufen wollen.



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