Ein Weltethos für alle Religionen
Beschlüsse des Weltparlaments der Religionen


Anfang September 1993 haben sich in Chicago ca. 2000 Vertreter von 250 Religionsgemeinschaften der Erde zum "Weltparlament der Religionen" zusammengefunden. Das Treffen sollte anknüpfen an das erste 'Weltparlament der Religionen' in Chicago vor 100 Jahren, bei dem zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit Vertreter aller Weltreligionen gleichberechtigt einander begegnet waren. Jenes historische Ereignis war zugleich die Geburtsstunde des Buddhismus in Nordamerika.

Leider ist die friedliche und verständnisvolle Begegnung der Religionen auf unserem Globus seither nicht sehr viel weiter gekommen. Religionskriege, bzw. von religiösen Gegensätzen genährte Kriege und Krisen beherrschen die Welt heute mehr denn je. Um so dringlicher wird von vielen das Anliegen empfunden, wenigstens die zum Dialog bereiten Vertreter der Religionen auf eine gemeinsame geistigethische Grundlage des Zusammenlebens zu einigen.

Ausgehend von der Einsicht "Ohne Religionsfriede kein Weltfriede" engagiert sich Hans Küng, bekannter und streitbarer katholischer Theologe aus Tübingen, seit Jahren für ein Anliegen, genannt "Projekt Weltethos", in dem er alle Religionen der Erde auf gemeinsamen ethischen Grundpositionen zusammenfuhren will.
Küng hat sein Projekt in das Weltparlament eingebracht und es ist ihm (und anderen) tatsächlich gelungen, daß eine solche Erklärung grundlegender ethischer Regeln als gemeinsame Willensbekundung aller diskutiert und beschlossen wurde.

Ob die auf der Konferenz anwesenden Vertreter des Buddhismus, wie u.a. S.H. der Dalai Lama (welcher die Abschlußrede hielt), der vietnamesische  Zenlehrer Thich Nhat Hanh, der Vertreter des kambodschanischen Buddhismus Maha Ghosananda (alle Beteiligte des INEB) oder der Sprecher des International Network of Engaged Buddhists Sulak Sivaraksa daran Anteil hatten, oder ob es einfach der Natur der Sache entspricht - erstaunlich an dieser Erklärung aller Religionen ist, daß sie ziemlich exakt den von Sakyamuni Buddha vor 2500 Jahren formulierten fünf Grundregeln, den seither von allen Buddhisten akzeptierten PANCA SILA als Verhaltensrichtlinie folgt.

Allerdings mit einer Ausnahme; die fünfte von Buddhas Regeln, nämlich sich des Genusses und Handels mit Rauschmitteln zu enthalten, wurde leider gestrichen. Angesichts der katastrophalen Wirkung und weltweiten Bedeutung des Drogenproblems ist das zunächst nicht verständlich. Wahrscheinlich resultiert der Verzicht jedoch auf Entgegenkommen gegenüber den christlichen Kirchen wie  auch gegenüber einigen Naturreligionen, in deren Liturgie bzw. religiöser Tradition der Genuß von leichten Drogen (Wein, Peyote, Pilze usw.) eine wichtige Rolle spielt.

"Vier unverrückbare Weisungen" wurden in der Chicagoer Erklärung des Parlaments der Weltreligionen formuliert.

Abschließend appelliert die Erklärung an die Verantwortung jedes Menschen, seinen bzw. ihren Teil beizutragen, um sozialverträgliche, friedensfördernde und naturfreundliche Lebensformen zu entwickeln. "Diese Verantwortung wachzuhalten, zu vertiefen und an künftige Generationen weiterzugeben, ist die besondere Aufgabe der Religionen" heißt es. Und schließlich: "Wir plädieren für einen individuellen und kollektiven Bewußtseinswandel, für ein Erwecken unserer spirituellen Kräfte durch Reflexion, Meditation, Gebet und positives Denken, für eine Umkehr der Herzen. Allein vermögen wir keinen Felsblock zu bewegen, gemeinsam können wir Berge versetzen."


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