Die Bewegung, die
wir heute 'Engagierten -Buddhismus' nennen, hat ihren Ursprung in Wahrheit
in der Zeit Buddhas selbst. Das Cakkavottisihanada,; Sutta -z. B. stellt
eindeutig fest, dass Armut die Ursache ist für Amoralität und
Kriminalität, für Diebstahl, Luge, Gewalt und Grausamkeit. Das
Kutadanta Sutta fuhrt aus, wie unnütz es ist, Verbrechen durch harte
Bestrafung unterdrücken zu wollen. Der Buddha legte uns nahe, die
ökonomischen Bedingungen zu verbessern, wenn wir Verbrechen abschaffen
wollten. Und es ist bekannt, dass Buddha selbst weit die sozialen Beschränkungen
seiner Zeit hinter sich ließ, indem er Frauen, Unberührbare
und andere diskriminierte Menschen in die Sangha (Gemeinschaft der Mönche
und Nonnen) mit aufnahm.
Während des
3. Jahrhunderts nach Buddhas Geburt (200 v. Chr.) unternahm der buddhistische
König Asoka (in Indien) sehr weitgehende Anstrengungen, um Gewaltlosigkeit,
Erziehung und eine mitfühlende Politik der Fürsorge zu begründen
und zu fördern. In seinem Fels-Edikt XI, propagierte er die "Verbreitung
der Wohlfahrt durch das Dhamma". Er ließ Altenheime und Krankenhäuser
für Arme und Kranke errichten, förderte die Medizin, ließ
gar Ärzte und Heilkräuter aus dem weit entfernten Griechenland
holen, veranlasste die Versorgung von Sträflingen und ihren Familien,
sandte spezielle Minister aus, um Fälle von gerichtlicher Härte
oder Korruption untersuchen zu lassen, gewährte 25 mal an Feiertagen
die Freilassung von Gefangenen usw.
In unserer heutigen
Zeit finden wir viele Beispiele für engagierten Buddhismus. Seine
Heiligkeit der Dalai Lama aus Tibet, dem 1989 der Friedensnobelpreis zugesprochen
wurde, wehrt sich beharrlich gegen die chinesische Besetzung seiner Heimat,
dies jedoch konsequent auf dem Weg der Gewaltlosigkeit. Joanna Macy, eine
im Theravada-Buddhismus geschulte Amerikanerin, arbeitet z. B. an einem
Projekt, um Schutzgebiete in der Nähe bestehender atomarer Abfalllager
zu errichten, in denen die Bewohner in Achtsamkeit den dort abgelagerten
Atommüll beobachten, Generation für Generation, für das
nächste Viertelmillion Jahre. Christopher Titmuss, ein Vipassana-Lehrer
ist Abgeordneter der Partei der Grünen im Britischen Parlament. Diese
Menschen und viele andere haben herausgefunden, dass sie ihre buddhistische
Praxis und Einsicht aus dem Meditationsraum heraus auch in den sozialen
und politischen Raum tragen können.
Robert Aitken Roshi und Nelson Fester von der Diamant Sangha Zen-Gemeinschaft auf Hawaii gründeten 1978 die 'Buddhist Peace Fellow-ship' (Buddhistische Friedensgesellschaft), eine zunächst kleine Organisation, deren Programmpunkte folgende sind:
Der ehrwürdige Buddhadasa Bhikkhu, ist ebenso fraglos ein Verfechter eines weltverantwortlichen und sozialengagierten Buddhismus. Für Buddhadasa ist die Suche nach personaler Erfüllung oder Erleuchtung nicht möglich als Weg isolierter Individuen, die nur nach ihrem größten Glück streben. Wir teilen nicht nur eine gemeinsame natürliche Umwelt, sondern wir sind Teil einer Gemeinschaft natürlicher Ordnung der Dinge. Alles ist notwendigerweise aufeinander bezogen. Daher ist das Wohl der Individuen abhängig vom Wohl des Ganzen (aller Wesen, nicht nur dem der menschlichen Gesellschaft!) und umgekehrt. In Buddhadasas Sicht ist dies die moralische wie die natürliche Grundlage der Dinge.
Praktisch gesprochen
heißt das, dass für ihn eine gerechte, gleiche, friedvolle und
glückliche Gesellschaft auf dem Gleichgewicht beruht zwischen dem
Wohl der Individuen und dem Wohl des Ganzen in einer "Gemeinschaft freier
Selbstbegrenzung" (fellowship of restraint). Buddhadasas soziale und politische
Theorie, insbesondere seine Interpretation eines "buddhistischen Sozialimus"
(Dhammic socialism) kann nicht getrennt werden von der grundlegenden buddhistischen
Haltung der Überwindung der Anhaftungen unseres Ichs.
Heute ist es unsere
Pflicht geworden, uns mit der Natur und den Grenzen des 'Selbst' zu beschäftigen.
Wenn wir denken, dass das Ich innerhalb unserer Haut oder in den Mauern
unseres Hauses begrenzt, sei, vergessen wir die Wahrheit dessen, was Thich
Nhat Hanh 'Iriterbeing': nennt?' Als der Buddha über das Nicht-Selbst
lehrte, meinte er nicht, dass es da überhaupt kein 'selbst' gäbe,
sondern dass ein 'selbst' einzig existiere in Beziehung zu anderen Wesen
in der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft einschließlich
der natürlichen Umwelt. Wenn wir sehen, wie die unrechte Behandlung
anderer Dinge und Wesen uns schadet, jetzt und in der Zukunft, dann beginnen
wir unser Verbundensein mit anderen lebenden Erscheinungen zu verstehen.
Wenn wir in einem Fluss schwimmen, den wir Menschen verschmutzt haben,
können wir erfahren, dass wir der Fluss sind. Unser gegenwärtiges
Elend gibt uns die große Gelegenheit die Wahrheit der Lehren Buddhas
zu erkennen. Wenn wir glauben, wir könnten Buddhismus völlig
losgelöst praktizieren, isoliert in einer Zelle, heißt das,
dass es uns an Verständnis über Buddhas Lehre vom Nicht-Selbst
mangelt. Wenn z.B. Abholzungen Überschwemmungen verursachen, dann
ist der Grund unser Geist, der Geist unserer Meditation. Wenn die Luftverschmutzung
es uns unmöglich macht, richtig zu atmen, wie können wir das
Atmen fortsetzen selbst in der stillsten Meditationshalle?
Die Meditationspraxis hilft uns dabei zu lernen, mit Gelassenheit zu handeln. Nur Gleichmut macht es uns möglich, den Druck zu ertragen," Zeuge solch extremen Leids heute zu sein. Doch Meditation ist nicht mit sich selbst am Ende. Sie ist eine Praxis, die uns helfen kann friedvoller zu leben und unseren Frieden mit anderen zu teilen.
Als einer, der buddhistische
Meditation seit über 20 Jahren praktiziert, habe ich entdeckt, dass
der Begriff 'engagierter Buddhismus' eigentlich überflüssig ist,
Buddhismus der wirklich Buddhismus ist, muss engagiert sein. Können
wir nicht die Augen der Kinder sehen, die uns bitten, eine erträgliche
und gesunde Welt zu errichten? Wenn wir solche Verkörperungen des
Buddha-Dhamma erleben wie die Lehrer der 'Buddhist Peace Fellowship' oder
Buddhadasa Bhikkhu, dem zu begegnen und den zu hören ich die Ehre
hatte, wie er das Dhamma in Wat Suan Mokkh (seinem Kloster) erklärte,
dann wissen wir, dass erwachtes Leben möglich ist und unsere Rezitation
"Mögen alle Wesen glücklich sein" bleibt nicht mehr nur sakrale
Litanei, sondern wird unsere tägliche Verantwortung. Die 'vier edlen
Wahrheiten' und der 'achtfache Pfad' sind nichts als ein Ruf, unserer
selbst bewusst zu werden und uns. in der Welt zu engagieren auf dem erleuchtetsten
Weg, der uns möglich ist.
Amold Kotler, langjähriger
Schüler der Theravada-Tradition des Buddhismus ist heute Herausgeber
des Parallax-Verlags in Berkeley USA, eines Verlages für Literatur
zum engagierten Buddhismus. Buddhadasa ist einer der bekanntesten und einflussreichsten
Altmeister des Theravada-Buddhismus in Thailand, Lehrer des 'Anapanasati-Meditationswegs'
und Vordenker des engagierten Buddhismus. Er lebt und lehrt bis heute
im Waldkloster Wat Suan Mokkh in Südthailand.