Schon längst Buddhist geworden, führte ihn sein soziales Engagement gegen Ungerechtigkeiten zu einem Zeitpunkt zurück zu jüdischen Organisationen, als andere diesen abbrachen: 1933. Der inzwischen 31-jährige Buddhist arbeitet im Zentralausschuss der deutschen Juden für Hilfe und Aufbau in Berlin in unmittelbarer Nachbarschaft von Hitlers Reichskanzlei: er setzt dem Engagement für das Böse das Engagement für das Gute entgegen. Während die Parteimaschinerie der Nazis die systematische Entrechtung der Juden betreibt, berät Siegmund Feninger die Bedrängten, hilft bei Kontakten ins Ausland, ermöglicht Auswanderung. Die Nazis werden auf das Treiben des Zentralrats aufmerksam, verhören Feninger. 1936 weiß er, dass seine Zeit in Deutschland abgelaufen ist, er emigriert an die Stelle, die mit seinem Leben verbunden bleibt und seine Heimat bis zu seinem Tode im Jahre 1994 ist: in die „Island Hermitage“ auf der Insel Polgasduva in einem See im Süden Sri Lankas. Er wird Schüler des ersten deutschen buddhistischen Gelehrten, des Mönches Nyanatiloka. Ein Jahr später erhält er die Vollordination: aus Siegmund Feninger wird Nyanaponika, „der zur Erkenntnis geneigte“.
Der Anschluss Österreichs
ans Nazi-Reich veranlasst den frisch Ordinierten 1938 abermals zu hektischer
Aktivität: seine Mutter war vor den Nazis nach Österreich geflohen.
Es gelingt ihm, sie zu retten - nach Ceylon.
Ein Jahr später
greift die europäische Politik erneut jäh in sein Leben ein.
Der Beginn des zweiten Weltkrieges führt dazu, dass er als „feindlicher
Ausländer“ von der englischen Kolonialmacht interniert und nach Nordindien
verschleppt wird. Erst 1949 wird er entlassen, es hat sich inzwischen auch
bis zur Armee seiner Majestät herumgesprochen, dass der Krieg vorbei
ist.
Nyanaponika kehrt
nach Ceylon zurück, er lebt jetzt in der „Forest Hermitage“, nahe
der alten Königsstadt Kandy, wo ein Zahn Buddhas als Reliquie verehrt
wird. Nyanaponika widmet sich jetzt ganz der Meditation und den Büchern.
Aus dem jungen Leser ist ein gereifter Autor geworden. Bereits 1950 erscheint
sein
„Geistestraining
durch Achtsamkeit“, das sich vor allem im Westen großer Aufmerksamkeit
erfreut, denn es passt sich der westlichen Denkweise an: wie die Psychotherapie
die psychischen Blockaden dadurch zu überwinden trachtet, dass sie
ihre Energien anzuzapfen versucht, so macht auch Nyanaponika die Meditationshindernisse
zum Meditationsobjekt. „Es kommt darauf an, Menschen und Dinge gleichsam
ausreden zu lassen“ formuliert er. Er hat zahlreiche Schüler, der
wohl bekannteste ist Erich Fromm.
Am buddhistischen Weltkonzil von 1954 bis 1956 nimmt der Gelehrte teil, 1958 wird er Mitbegründer der Buddhist Publication Society (BPS), der wohl wichtigsten Verlagsgesellschaft des Theravada. In dieser berühmten Organisation kämpfen Nyanaponika und seine Mitarbeiter unter kaum glaublichen organisatorischen Mängeln für die Verbreitung des Dharma: eine einzige Schreibmaschine steht der weltbekannten Organisation zur Verfügung, jahrelang kein Telefon. In der örtlichen Druckerei werden die Bücher und Hefte erstellt, man sieht ihnen die Herkunft aus der 3. Welt deutlich an. Mit einem geliehenen LKW werden sie transportiert, und in handgeschriebenen Umschlägen weltweit versand, nachdem sie von Trägern oder Karren zur Post gebracht wurden. Nyanaponika schreibt weiter: "Den Kommentar zur Lehrrede von den vier Grundlagen der Achtsamkeit", "Der einzige Weg", "Die Wurzeln von Gut und Böse", "Das Wort des Buddha", das "Buddhis-tische Wörterbuch", "Der Weg zur Erlösung" und "Im Lichte des Dharma", alle bei Beyerlein und Steinschulte erschienen.
1994 verstarb der Ehrwürdige Nyanaponika Mahathera. Sein Nachfolger als Präsident der Buddhist Publication Society wurde Bhikkhu Bodhi, der dieses Jahr auf dem DBU-Kongress in München sein wird.