Ein trauriges Affenbaby weist dn Weg

Am Beispiel von zwei Mönchen aus der Provinz Nan schildert Susan Darlington die Arbeit der Umweltmönche in Thailand. Der deutsche Text ist von Dagmar Gröters und Bert Brauns.



Phrakhru Pitak Nanthakhun ist in dem Dorf Giew Nuang, tief im bergigen Land, nördlich der Stadt Nan aufgewachsen. Als er noch ein Kind war kam es zu einem dramatischen Vorfall, der Pitaks weiteres Leben bestimmte, ihn für Buddhismus und Ökologie öffnete. Pitak begleitete seinen Vater zur Jagd. Der Vater erschoss eine Affenmutter. Deren Baby klammerte sich an den Leichnam, so wurde es auch gefangen. Es kam in einen Käfig, wo es jämmerlich schrie – drei Tage lang. Es waren drei schrecklich Tage für Pitak, hin und hergerissen zwischen der Loyalität zu seinem Vater und dem Mitleid mit dem Affenbaby. Nach drei Tage schließlich entschied sich Pitak seinem Mitleid die Tat folgen zu lassen und er befreite das Af-fenbaby. Er erwartete, dass das kleine sofort in den Wald zurücklief, um von den Menschen wegzu kommen, doch das kleine ging weinend zur Wäscheleine: dort hing das Fell seiner Mutter zum Trocknen. Da wusste Pitak, dass es seine Aufgabe war, solches Leid zu verhindern. Und er sah im Buddhismus den Weg, solches von Menschen herbeigeführtes Leid zu verhindern.

Doch dieses Kindheitserlebnis prägte Phrak-hru Pitak einen besonderen Aspekt auf: die Notschaft von ökologischem Bewusstsein. Die Dringlichkeit eine ökologische Ethik zu predigen wurde ihm noch klarer, als er sah, wie immer mehr der natürlichen Wälder Thailands abgeholzt wurden. Die Ursachen hierfür waren vielfältig: es gab Holzfäller-Konzessionen aber auch illegale Holzfällaktionen, aber auch die Gier der Dorfbewoh-ner, einen wesetlichen Lebensstil zu pflegen führte zu Rodungen um mehr und intensiver anbauen zu können, so Überschüsse zu erzielen und auf diese Weise zu vermeintlichem Reichtum zu kommen.

Ende der 80er Jahre erkannte Phrakhru Pitak, dass es nicht genügte nur zu predigen, er beschloss sich noch aktiver zu engagieren. So suchte er Phrakhru Manas in der Provinz Phayao auf. Phrakhru Manas war dafür be-kannt, dass er Baumordinationen durchführte, um so das Bewusstsein der Menschen vom Wert des Waldes zu erhöhen. Dabei werden besonders alte und große Bäume in einem vom Holzeinschlag gefährdeten Wald ordiniert, indem man orangene Roben um sie wickelt. Dies geschieht aus mehreren Gründen. Erstens zieht die Aktion die Aufmerksamkeit der Medien auf die Bedrohung des Waldes. Zweitens kommt zu dem Ritual eine große Menge Menschen und gibt so den Mönchen und anderen Menschen aus der Umweltbewegung Gelegenheit, ein breites Publikum für die Gefahren der Waldzerstörung zu sensibilisieren. Letztendlich gebrauchen die Mönche das Ritual, um den Dhamma zu lehren und um seine Relevanz in einer sich schnell ändernden Welt zu betonen.

Nachdem er Phrakhru Manas besucht hatte, kehrte Phrakhru Pitak nach Nan zurück und begann, die Dorfbewohner aktiv über Umwelterhaltung zu lehren. Er zeigte Dia-Shows und hielt Diskussionen mit Menschen über die Probleme ab, denen sie sich angesichts des Waldrückgangs gegenübergestellt sahen. 1990 half er seinem Heimatdorf, einen Gemeinschaftswald einzurichten, der ca. 400 Morgen Land einschließt. Der Gemeinschaftswald war offiziell geweiht, und die Verpflichtung der Dorfeinwohner, ihn zu bewahren, war markiert von der Ordination des letzten verbleibenden Baumes. Briefe wurden an die umgebenden Dörfer geschickt, die die Schaffung des geschützten Gebietes ankündigten und klarmachten, dass es verboten war, Bäume zu fällen oder darin zu jagen. Die Dorfbewohner führten auch eine Zeremonie auf, in der sie den örtlichen Schutzgeist baten, ihnen zu helfen, den Wald und seine Wildnis zu schützen.

Phrakhru Pitaks Arbeit ist nicht auf sein heimatdorf beschränkt. Im Gegenteil, sie hat sich konstant weiter ausgedehnt. Seit 1990 Hat er sich an mehreren Baumordinationen beteiligt aber auch an Pha-Pa-Zeremonien, die traditionell gebraucht werden, um „Waldroben“ an Mönche zu geben, die aber in diesen Fällen beeinhalten, Setzlinge für einen neuen Wald zu geben. Laien machen religiösen Verdienst durch ihre Schenkungen und Teilnahme. Im Mai 1993 wurde eine veränderte traditionelle Zeremonie abgehalten, um das Leben des Nan Flusses zu erhalten und zu verlängern. Parallel dazu wurde ein Seminar abgehalten, um die Probleme der Austrocknung und Verschmutzung zu vermitteln, denen sich die Provinz gegenüber gestellt sieht. Auch ein Fischschutzgebiet wurde im Rahmen einer Zeremonie einge-richtet. Während des Jahres 1990 wurden über 39 Gemeinschaftswälder und 100 Fischschutzgebiete von einer Stiftung errichtet, die Phrakhru Pitaks Arbeit unterstützt: die „Wir lieben die Nan Provinz – Stiftung“.

Pitak betont grundlegende buddistische Prinzipien so wie abhängiges Entstehen und eine Interpretation von Buddhas Leben, die eine enge Beziehung zum Wald hervorhebt. Seine Arbeit ist nicht etwa deshalb so bedeutend, weil sie Buddhismus mit ökologischen Bewahrungsprinzipien eingliedert, sondern weil er eng mit den örtlichen Dorfbewohnern zusammenarbeitet. So werden Wege entwickelt, Probleme, zu erkennen und zu lösen. Phrakhru Pitak fördert auch angepasste Ent-wicklungspraktiken wie integrierten Ackerbau und Nahrungsanbau für die Selbstversorgung statt für den anonymen Markt. Die Dorfbewohner sind bereit, seine Methoden zu versuchen, denn sie respektieren ihn nicht nur als Mönch sondern erkennen auch seine Sorge um ihr Wohlergehen. Er übt deutliche Kritik an der westlich orienterten  Regierung, die eine ökonomischer Entwicklung auf der Basis von chemischen Dünger fördert und den Anstieg des Bruttosozialproduktes mit Glück und Zufriedenheit verwechselt. Obwohl Phrakhru Pitak berühmt geworden ist und seine Stiftung gewachsen ist, und nun in mehreren Dörfern und an zahlreichen Projek-ten arbeitet, ist seine Arbeit noch immer auf den spezifischen Umweltkontext der Nan Provinz abgestimmt. Er hat auch einige andere Umweltprojekte inspiriert, einige davon werden von Mönchen gefördert, ande-re von Laien in ihren jeweiligen Dörfern getragen.



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