Der Freundeskreis Gleichgesinnter

Eine Geschichte aus dem Palikanon, nacherzählt von Horst Gunkel

letzte Änderungen 13.12.2019


Es war nur wenige Monate nach Buddhas Erwachen, der Mönchsorden war damals noch jung und es gab noch weniger als 100 Ordinierte, als sich diese Geschichte zutrug. Der Erhabene wanderte zu dieser Zeit gerade von Benares nach Uruvela und legte eine Rast in einem etwas abgelegenen Wäldchen ein. Er war jedoch offensichtlich nicht der Einzige, den es zu diesem Zeitpunkt in jenes Wäldchen zog.

Denn genau hier traf jetzt auch ein Freundeskreis von 30 Gleichgesinnten ein, um sich hier mit ihren Ehefrauen zu vergnügen. Auch an die Bedürfnisse des einzigen Junggesellen unter ihnen hatten sie gedacht und für diesen einen Prostituierte besorgt.

Das fröhliche Treiben nahm seinen Lauf, es zeigte sich aber, dass die Sache mit der Prostituierten nur so eine mittelgute Idee war, denn diese verfolgte ihre eigene Agenda, nämlich etwas, das man heute als Beischlafdiebstahl bezeichnet. Sie entwand ihrem Galan kurzerhand dessen Besitz und türmte damit. Dieser war außer sich und alarmierte seine Freunde. Gemeinsam durchstöberten sie jetzt das Wäldchen auf der Suche nach der Diebin. Man fand zwar diese nicht, wohl aber den unter einem Baum meditierenden Buddha. Den sprachen sie an: „Hoher Herr, habt Ihr vielleicht eine einzelne Frau gesehen, möglicherweise mit einem Bündel?“

Der Buddha fragte: „ Wieso, was ist denn mit der Frau?“ Die jungen Männer erzählten mit knappen Worten, was vorgefallen war.

Dem Buddha lag jede falsche moralische Entrüstung fern, und er erkannte an der Wortwahl, dass er es mit verständigen jungen Männern zu tun haben musste, die wohl einfach auf der Suche nach Abwechslung waren, nach etwas, dass ihnen tiefere Befriedigung als das übliche häusliche Leben bieten konnte, daher stellte er ihnen eine überraschende Frage: „Was glaubt ihr, Jungs, was ist besser für euch, dass ihr diese Frau findet oder dass ihr eure Seele sucht?“

Dabei scherte sich der Buddha keineswegs darum, dass er selbst die Existenz einer Seele leugnete, denn er wusste, dass die Anhänger der indischen Hauptreligion, des Brahmanismus, und praktisch alle anderen Sekten auch, diese als gegeben ansahen, dass also auch seine Gesprächspartner von der Existenz einer Seele ausgingen. Daher war die Antwort der jungen Leute nicht allzu überraschend: „Natürlich dass wir unsere Seele suchen, hoher Herr!“

Na, dann setzt euch mal hin, denn ich kann euch sagen, wie ihr da vorgehen müsst.“

Alsdann führte er sie schrittweise in den Dharma ein, zunächst sprach er über freudiges Geben (dana), dann leitete er über auf das Gebiet der Ethik und mit geschickten und wohlgesetzten Worten zeigte er ihnen die gefährlichen Folgen der Sinnesgier auf und konsequenterweise die Vorteile, welche Entsagung mit sich brächte. Schließlich kam er auf den Kern seiner Lehre zu sprechen, auf das Entstehen in Abhängigkeit von Bedingungen.

Es muss eine mitreißende Darlegung gewesen sein, denn seine Zuhörer waren begeistert: „Oh Herr, wir möchten ihrem Beispiel folgen, möge uns der Erhabene als Mönche annehmen.“

Kommt und seht selbst,“ sprach der Buddha, damit war die Ordination vollzogen. So einfach war das im ersten Jahr des neugegründeten Mönchsordens.


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Das Blatt (ficus religiosa) im Hintergrund dieser Seite stammt vom Bodhi-Baum aus Anuraddhapura in Sri Lanka. Dieser ist ein direkter Abkömmling des Baumes, unter dem der Buddha seine Erleuchtung hatte.