Yesche U. Regel:

Öko
Öko lo
Öko lo gie
Öko lo djong

Der Dharma-Lehrer Yesche Udo Regel (41) war 17 Jahre ordinierter buddh. Mönch und unterrichtet seit 1990 Meditation und den Dharma, er lebt in Staufen bei Freiburg. Ye-sche führt als ehemaliger Mönch und Lama der Karma-Kagyü-Tradition zahlreiche Seminare und leitet buddhistische Rituale. Das Buddha-Netz-Info informiert im Abschnitt "Termine" über Veranstaltungen Yesches. Er gibt auch ein eigenes Jahresprogramm seiner Veranstaltungen heraus, das diesmal unter dem Titel der Überschrift dieses Artikels steht. Lodjong ist der Name einer 1000 Jahre alten buddhisti-schen Überlieferung. Sie ermutigt dazu, die Meditation und buddhistische Lebenspraxis auf den Alltag, unsren Umgang mit eigenen Geis-teshaltungen, anderen Menschen und schwieri-gen Lebenssituationen zu beziehen. Yesche erläutert seine Wortschöpfung "Öko-Lodjong". (DM)



Ich fühle mich Lehrern, Traditionen und Freunden gleichermaßen verbunden und bin vielleicht jetzt gerade deshalb ein alleine Lebender, der doch auch immer wieder unter Menschen ist, zu Gast in buddhistischen Zentren und anderen Gemeinschaften und Institutionen, in den Städten und an den Orten, in denen ich auch früher lebte, dort jetzt ein Besucher, einer der kommt und geht, und dann auch an fremden Plätzen. Ich spüre die abendländische und asiatische Kultur- und Geistesgeschichte hinter uns liegen, blicke zurück auf Europa, aber auch das geliebte Tibet, betrachte die Beziehungen, mit denen in der Gegenwart alles miteinander verknüpft ist. Es ist, als würde ich allmählich im gegenwärtigen Augenblick des Lebens ankommen.

Vielleicht überrascht die Wortschöpfung "Öko-Lodjong" und damit die neue Akzentuierung auf die Verbindung von buddhistischem Geistestraining und innerer Ökologie. Zum einen erlaubt dieser neue Begriff jenseits von Traditionen zu experimentieren, während ich doch ganz dem Buddhismus treu bleiben möchte. Zum anderen meine ich es mit der Notwendigkeit zu ökologisch-bewusstem Handeln durchaus ernst Es ist so wichtig, dass wir Men-schen wirklich lernen, wie alles, was wir tun, das Ganze mitgestaltet. Wir können es schön und lebenswert, auf eine intelligente und erwachte Weise beleben oder die Leiden der sechs Daseinsbereiche manifestieren. Aus Unwissenheit sind bereits endlose Daseinsfak-toren geschaffen worden, die unser Leben und Leiden in der Gegenwart und Zukunft bedingen. Begierde, Hass und Verblendung, Stolz, Eifersucht und Machtstreben haben eine Welt voller Vergnügungssucht hier und Waffen dort, voller Reichtum und bitterer Armut, voller potentiell zerstörerischer Gifte und wahnsinnig machender elektronischer Medien geschaffen.
Hohe Geschwindigkeiten, zu viel Arbeit für unsinnige Produktionen (dabei die Gefahr, dass Gesellschaften durch hohe Arbeitslosigkeit verwahrlosen), das Spiel mit atomarer Energie und eine endlose Kette von Entwicklungen, die dem Menschen bereits über den Kopf gewachsen sind, haben unser Leben unter dem Vorwand der Annehmlichkeit und des Vorteils bereits so verändert und geprägt, dass kaum jemand sich diesem entziehen kann, auch jene nicht, die alternativen Werten, wie denen des Buddhismus, begegnet sind. Dabei stellen manche Phänomene bereits eine derartige Bedrohung dar, dass es wiederum Unwissenheit wäre, diese durch Passivität zu billigen. Es ist durchaus möglich, dass wir von zukünftigen Generationen ähnlich vor Gericht gestellt werden, wie die Generation unserer Eltern und Großeltern wegen Auschwitz vor Gericht stand oder hätte gestellt werden müssen, bzw. das Karma stillschweigend weiter in sich trug und damit evtl. auch auf uns übertrug. Wir werden vielleicht diejenigen sein, die aus der Sicht späterer Jahrzehnte schon hier waren, bevor Kernkraftwerke oder Endlager explodierten oder ein grausamer Krieg, diesmal zwischen den westlichen Industriestaaten und islamischen Ländern, ausbrach oder durch den CO2-Ausschuss von Autos und Flugzeugen Klima-katastrophen viele Opfer forderten.

Es ist an der Zeit aufzuhören, unsere Begegnung mit Buddhismus und östlicher Weisheit als etwas Exotisches oder als spirituelles Freizeit-Hobby zu betrachten. Diese Lehren sind zu uns gekommen, weil wir ihr Verständnis und ihre Ausübung benötigen, um zu lernen das zu tun, was uns wirklich hilft und heilt und um Selbstzerstörung zu vermeiden, um Geisteshal-tungen, Lebensstile und Lebensformen zu kultivieren, die eben nicht beitragen zu den oben angedeuteten Szenarien, sondern diese vermeiden helfen, ggf. überdauern und dann das Fundament dafür legen, dass sich weiterhin ein glückliches Leben auf diesem Planeten entfalten kann. "If we are not part of the solution, we are part of the problem."

In diesem Sinn verstehe ich "Öko-Lodjong" und habe deshalb auch die Themen meines neuen Jahresprogrammes etwas breiter gefächert, denn es werden ganz unterschiedliche Samen benötigt, um eine reichhaltige Ernte zu kultivieren. Innere Ökologie bedeutet, dass ökologisches Bewusstsein durchaus von innen kommen muss, aus der Wahrnehmung und dem Mitgefühl. Durch Seminare, Retreats und vielleicht mehr und mehr auch durch das Medium von Text und Ton möchte ich einfach wie ein Gärtner Tag für Tag im Geiste des Dharma leben und Menschen begegnen, die Ähnliches anspricht, so dass wir miteinander meditieren, Achtsamkeit üben, unsere Glaubensvorstellungen und Weltbilder überdenken und uns neu orientieren können, um schließlich fähig zu werden, Fehler zu vermeiden, unheilsames Karma aufzuhalten und mitfühlendes, liebevol-les und geschicktes Wirken zu entfalten.



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