Die wahren Brahmanen - MN 39
nacherzählt von Horst aus Gelnhausen
letzte Änderungen im November 2018
Einmal hielt sich der Erhabene im Land der Anganer auf, bei einer Stadt namens Assapura. Da sprach der Buddha zu den Mönchen:
"Wenn
euch einer fragt, was ihr seid, so antwortet ihr vermutlich: Mönche.
Wenn ihr aber wirkliche Mönche sein wollt, dann solltet ihr euch auch
so verhalten, ihr solltet sagen: ich möchte mich mit jenen Dingen
beschäftigen, die einen zum Mönch machen, die einen zum wahren
Brahmanen machen."
"Brahmanen"
heißen die Angehörigen der Priesterkaste im Hinduismus. Da "Brahmane"
aber von "brahma", göttlich, abgeleitet ist und zu den zentralen
Übungen im Buddhismus die "brahma viharas", die "göttlichen
Gemütszustände" gehören, definierte der Buddha diejenigen, die diese
Gemütszustände (allumfassende liebevolle Güte, angewandtes Mitgefühl,
neidlose Mitfreude und Gleichmut) als "wahre Brahmanen", also die
Mönche und Nonnen der buddhistischen Sangha. Dadurch sollten diese sich
nicht mehr den "Brahmanen", was auch als religiöser Titel galt,
unterlegen fühlen. (Horst)
Aber
was sind das für Dinge, die einen Mönch zum wahren Brahmanen machen?
Ihr denkt vielleicht: `Wir wollen von Schamgefühl und von Scheu vor
falschem Handeln erfüllt sein. Wir üben also Ethik und das ist genug,
damit haben wir alles Wichtige erreicht, weiter brauchen wir nichts zu
tun.´ Ich aber sage
euch: Ihr verfehlt das Ziel des Mönchstums, wenn ihr so denkt!
Was gibt es denn noch zu tun? Nun, euer körperliches Verhalten muss
geläutert, offen, tadellos und beherrscht sein. - Aber denkt nicht, das
sei alles, sonst gäbe es nichts mehr zu tun!
Was gibt es denn noch zu tun? Auch euer sprachliches Verhalten muss geläutert, offen, tadellos und beherrscht sein. - Aber denkt nicht, das sei alles, sonst gäbe es nichts mehr zu tun!
Was gibt es denn noch zu tun? Sogar euer geistiges Verhalten muss geläutert, offen, tadellos und beherrscht sein. - Aber denkt nicht, das sei alles, sonst gäbe es nichts mehr zu tun!
Was gibt es denn noch zu tun? Auch eure Lebensweise muss geläutert, offen, tadellos und beherrscht sein. - Aber denkt nicht, das sei alles, sonst gäbe es nichts mehr zu tun!
Was
gibt es denn noch zu tun? Ihr müsst auch eure Sinnentore hüten. Wenn
ihr eine liebliche Form seht, sollt ihr nicht an ihr anhaften, weder am
ganzen Erscheinungsbild noch an Details! Und was ich eben übers Sehen
sagte, gilt natürlich auch für das Hören, das Riechen, das Schmecken,
das Tasten, das Denken. - Aber denkt nicht, das sei alles, sonst gäbe es nichts mehr zu tun!
Was
gibt es denn noch zu tun? Ihr müsst euch beim Essen mäßigen, ihr müsst
die Nahrung mit weiser Achtsamkeit zu euch nehmen, ihr esst weder zum
Spaß, noch zur Berauschung oder zur Verschönderung, sondern eben nur,
um diesen Körper zu erhalten! - Aber denkt nicht, das sei alles, sonst gäbe es nichts mehr zu tun!
Was
gibt es denn noch zu tun? Ihr müsst Wachsamkeit üben. Am Tage achtet ihr
dazu beim Gehen, Stehen oder Sitzen darauf, nicht in hinderliche
Geisteszustände zu gelangen. Auch in der ersten und dritten Nachtwache
haltet ihr es genauso. Und in der zweiten Nachtwache legt ihr euch
ruhig auf die Seite, in der Löwenstellung, und merkt euch die Zeit,
wann ihr aufstehen werdet. - Aber denkt nicht, das sei alles, sonst gäbe es nichts mehr zu tun!
Was gibt es denn noch zu tun? Ihr sollt von Achtsamkeit und Wissensklarheit erfüllt sein, bei allem, was ihr tut. - Aber denkt nicht, das sei alles, sonst gäbe es nichts mehr zu tun!
Was
gibt es denn noch zu tun? Wenn ihr von der Almosenrunde zurückgekehrt
seid, setzt ihr euch in Meditation und bekämpft die Hindernisse,
nämlich die Habgier, das Übelwollen, die Trägheit und Mattheit, die
Aufgeregtheit und die Unsicherheit und den Zweifel. - Angenommen ein
Mann hätte ein Darlehn aufgenommen und damit in sein Geschäft
investiert. Das läuft so gut, dass er seine Bedürfnisse und die seiner
Familie erfüllen kann und es bleibt noch ein guter Gewinn übrig; dieser
Mann wäre voller Freude. - Oder stellt euch vor, ein Mann sei krank,
von schlechter Verfassung. Und nun verbessert sich sein
Gesundheitszustand, er wird ganz gesund, dieser
Mann wäre voller Freude. - Oder stellt euch vor, da sitzt einer
unschuldig in Untersuchungshaft; dann kommt der Gerichtstermin und
seine Unschuld stellt sich heraus, er wird entlassen und entschädigt, dieser
Mann wäre voller Freude. Oder stellt euch vor, da ist einer als Sklave
geboren, lebt in Sklaverei, und nun wird er in Freiheit entlassen, dieser
Mann wäre voller Freude. Und genauso ist es eine Freude für den
Dharmapraktizierenden, wenn er erkennt, die Meditationshindenisse sind
überwunden! Ist jetzt alles erreicht? - Denkt nicht, das sei alles, sonst gäbe es nichts mehr zu tun!
Was gibt es denn noch zu tun?
Da setzt der Mönch sich hin und - frei von den Hindernissen - erreicht
er die erste meditative Vertiefung, erreicht die zweite Vertiefung, er
errreicht die dritte Vertiefung und irgendwann auch die vierte
meditative Vertiefung - herrlich!
Wenn all dies erreicht ist, dann ist sein Herz geläutert und sein Geist
gesammelt, dann kann er daran gehen, das dreifache Wissen zu erreichen:
das erste Wissen von früheren Geburten; das zweite Wissen, wie die
Wesen in Abhängigkeit von ihren Handlungen nach dem Tode wieder zu
neuem Leben gelangen; schließlich das dritte Wissen um die Vernichtung
der Triebe: dem Trieb nach Sinneneindrücken, dem Trieb nach Werden und
dem Trieb nach Unwissenheit.
An dieser Stelle nun ist wirklich nichts mehr zu tun. Was zu tun war
ist getan. Der Mönch ist befreit. Er ist ein Arahant, ein
Heiliger.
Das
waren die Worte des Erhabenen. Die Mönche, so heißt es, waren zufrieden
und entzückt. Und diejenigen von ihnen, die alles erfolgreich taten,
was zu tun war, die sind Heilige geworden.
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