Der Asket Sakuludāyin - MN 79
nacherzählt von Horst aus Gelnhausen
letzte Änderungen im Dezember 2018

Als diese Geschichte geschah, war der Erhabene bei Rājagaha im Bambushain, beim Eichhörnchen-Park, gleichzeitig wohnte der Wanderasket Sakuludāyin im Pfauenpark, dem Park der Wanderasketen, zusammen mit einer großen Versammlung von Wanderasketen.

Da sagte sich der Buddha: Warum sollte ich nicht einmal zu Sakuludāyins Versammlung von Wanderasketen gehen? Dort saß Sakuludāyin mit einer großen Versammlung von Wanderasketen zusammen, die laut und lärmend viele sinnlose Gespräche führten, wie zum Beispiel Gespräche über Könige, Räuber, Minister, Heere, Schlachten, Trinken, Kleidung, Parfüm, Verwandte, Fahrzeuge, Frauen, Helden, die Toten, Unbedeutendes, den Ursprung der Welt und anderes völlig Belangloses mehr. Als Sakuludāyin den Erhabenen in der Ferne kommen sah, brachte er seine  Versammlung so zum Schweigen: "Meine Herren, seid still, macht keinen Lärm. Dort kommt der Mönch Gotama, der  die Stille mag. Wenn er feststellt, dass wir still sind, überlegt er sich vielleicht, zu uns zu kommen." Da schwiegen die Wanderasketen.

Der Erhabene trat ein, setzte sich auf dem vorbereiteten Sitz nieder und fragte: "Um welcher Erörterung willen sitzt ihr jetzt hier zusammen, Udāyin?"

"Ehrwürdiger Herr, lass die Erörterung sein, um deren willen wir hier zusammensitzen. Ehrwürdiger Herr, wenn ich nicht zu dieser Versammlung komme, dann sitzt sie da und führt viele sinnlose Gespräche. Aber wenn ich zu dieser Versammlung gekommen bin, dann sitzt sie da und blickt zu mir auf, mit dem Gedanken: 'Lasst uns das hören, was der Mönch Udāyin verkündet.' Jedoch wenn der Erhabene kommt, dann sitzen sowohl ich als auch diese Versammlung da und blicken zum Erhabenen auf, mit dem Gedanken: 'Lasst uns das Dhamma hören, das der Erhabene verkündet.'"

"Dann, Udāyin, schlage etwas vor, worüber ich sprechen sollte."

"Ehrwürdiger Herr, kürzlich gab es einen, der behauptete, allwissend zu sein. Als ich ihm eine Frage über die Vergangenheit stellte, machte er Ausflüchte, lenkte das Gespräch ab und zeigte Zorn, Hass und Bitterkeit. Da erinnerte ich mich folgendermaßen an den Erhabenen: 'Ach, gewiß ist der Erhabene in diesen Dingen bewandert.'"

"Aber, Udāyin, wer war es, der behauptete, allwissend zu sein?"

"Es war der Nacktaket Nātaputta, den seine Anhänger Mahavira nennen, ehrwürdiger Herr."

"Udāyin, wenn sich jemand an viele frühere Leben erinnern sollte, das heißt, an hunderttausend Geburten, viele Äonen, in denen sich das Weltall zusammenzog, viele Äonen, in denen sich das Weltall ausdehnte, wenn er so mit dem Himmlischen Auge die Wesen sterben und wiedererscheinen sehen sollte, dann könnte entweder er mir eine Frage stellen, oder ich könnte ihm eine Frage stellen, und wir könnten sehen, ob der andere recht hat. Da Nātaputta nicht hier ist, geht das nicht. Also lass die Vergangenheit sein, Udāyin, lass die Zukunft sein. Ich werde dich das Dhamma lehren: Wenn dies existiert, ist jenes; mit der Entstehung von diesem, entsteht jenes. Wenn dies nicht existiert, ist jenes nicht; mit dem Aufhören von diesem, hört jenes auf."

"Ehrwürdiger Herr, ich kann mich nicht einmal an alles, was ich in dieser gegenwärtigen Existenz erlebt habe, mit seinen Aspekten und Besonderheiten erinnern, also wie sollte ich mich da an viele frühere Leben erinnern?  Aber, ehrwürdiger Herr, als der Erhabene zu mir sagte: 'Aber lass die Vergangenheit sein, Udāyin, laß die Zukunft sein. Ich werde dich das Dhamma lehren: Wenn dies existiert, ist jenes; mit der Entstehung von diesem, entsteht jenes. Wenn dies nicht existiert, ist jenes nicht; mit dem Aufhören von diesem, hört jenes auf', so ist mir das noch viel weniger klar. Vielleicht, ehrwürdiger Herr, könnte ich den Geist des Erhabenen zufriedenstellen, indem ich ihm eine Frage über die Lehre unseres eigenen Lehrers beantworte."

"Nun gut, Udāyin, was wird in der Lehre deines eigenen Lehrers gelehrt?"

"Ehrwürdiger Herr, es wird in der Lehre unseres eigenen Lehrers gelehrt: 'Dies ist der vollkommene Glanz!'"

"Aber, Udāyin, was ist jener vollkommene Glanz?"

"Ehrwürdiger Herr, jener Glanz ist der vollkommene Glanz, der von keinem anderen Glanz an Größe und Erhabenheit übertroffen werden kann."

"Aber, Udāyin, was ist jener vollkommene Glanz, der von keinem anderen Glanz an Größe und Erhabenheit übertroffen werden kann."

"Ehrwürdiger Herr, jener Glanz ist der vollkommene Glanz, der von keinem anderen Glanz an Größe und Erhabenheit übertroffen werden kann."

"Udāyin, du könntest auf diese Weise noch lange fortfahren. Angenommen, ein Mann würde sagen: 'Ich liebe das schönste Mädchen in diesem Lande.' Dann würden sie ihn fragen: 'Guter Mann, jenes schönste Mädchen das du liebst - kennst du ihren Namen und ihre Familie?' und er würde erwidern: 'Nein.' Dann würden sie ihn fragen: 'Guter Mann, jenes schönste Mädchen in diesem Lande, das du liebst - weißt du ob sie von dunkler, brauner oder hellerer Hautfarbe ist?' und er würde erwidern: 'Nein.' Dann würden sie ihn fragen: 'Guter Mann, jenes schönste Mädchen in diesem Lande, das du liebst - weißt du, in welchem Ort sie wohnt?' und er würde erwidern: 'Nein.' Und dann würden sie ihn fragen: 'Guter Mann, liebst du dann ein Mädchen, das du nie gekannt oder gesehen hast?' und er würde erwidern: 'Ja.' Was meinst du, Udāyin, nachdem das so ist, würde die Rede jenes Mannes nicht völligem Unsinn gleichkommen?"

"Sicherlich, ehrwürdiger Herr, nachdem das so ist, würde die Rede jenes Mannes völligem Unsinn gleichkommen."

"Aber auf gleiche Weise, Udāyin, sagst du: 'Jener Glanz ist der vollkommene Glanz, der von keinem anderen Glanz an Größe und Erhabenheit übertroffen werden kann', und doch zeigst du nicht auf, was jener Glanz ist."

Dann steuerte der Buddha das Gespräch gezielter: "Wie ist das, Udāyin, gibt es eine vollständig angenehme Welt? Gibt es einen ausübbaren Weg, um eine vollständig angenehme Welt zu verwirklichen?"

"Ehrwürdiger Herr, es wird in der Lehre unseres eigenen Lehrers gelehrt: 'Es gibt eine vollständig angenehme Welt; es gibt einen ausübbaren Weg, um eine vollständig angenehme Welt zu verwirklichen.'"

"Aber, Udāyin, was ist jener ausübbare Weg, um eine vollständig angenehme Welt zu verwirklichen?"

"Ehrwürdiger Herr, da enthält man sich davon, Lebewesen zu töten; da enthält man sich davon, das zu nehmen, was einem nicht gegeben wurde; man enthält sich von Fehlverhalten bei Sinnesvergnügen; man enthält sich falscher Rede; und ansonsten nimmt man eine bestimmte Form der Askese auf sich und übt sich darin. Dies ist der ausübbare Weg, um eine vollständig angenehme Welt zu verwirklichen."

"Was meinst du, Udāyin? Wenn man bei einer bestimmten Gelegenheit das Fehlverhalten bei Sinnesvergnügen aufgibt und sich des Fehlverhaltens bei Sinnesvergnügen enthält, empfindet man dann nur Glück oder sowohl Glück als auch Schmerz?"

"Sowohl Glück als auch Schmerz, ehrwürdiger Herr."

"Was meinst du, Udāyin? Wenn man eine bestimmte Form der Askese auf sich nimmt und sich darin übt, empfindet man dann nur Glück oder sowohl Glück als auch Schmerz?"

"Sowohl Glück als auch Schmerz, ehrwürdiger Herr."

"Was meinst du, Udāyin? Kommt die Verwirklichung einer vollständig angenehmen Welt zustande, indem man einem Weg folgt, der aus einer Mischung von Glück und Schmerz besteht?"

Nun fragte der Wanderasket zurück: "Aber wie verhält es sich damit, ehrwürdiger Herr, gibt es eine vollständig angenehme Welt? Gibt es einen ausübbaren Weg, um eine vollständig angenehme Welt zu verwirklichen."

"Es gibt eine vollständig angenehme Welt, Udāyin; es gibt einen ausübbaren Weg, um eine vollständig angenehme Welt zu verwirklichen."

"Ehrwürdiger Herr, was ist jener ausübbare Weg, um eine vollständig angenehme Welt zu verwirklichen?"

Daraufhin legte der Erhabene den Edlen Dreifachen Pfad, der aus Ethik, Meditation und Weisheit besteht dar, indem er insbesondere die Stufe der Meditation ausführlich erläuterte, was den Wanderasketenführer überzeugte: "Großartig, ehrwürdiger Herr! Das Dhamma ist vom Erhabenen auf vielfältige Weise klar gemacht worden, so als ob er eine Lampe gehalten hätte, damit die Sehenden die Dinge erkennen können. Ich nehme Zuflucht zum Erhabenen und zum Dhamma und zur Sangha der Bhikkhus. Ich würde gerne unter dem Erhabenen in die Hauslosigkeit ziehen, ich würde gerne die Ordination erhalten."

Das jedoch gefiel seinen Schülern gar nicht, denn sie fürchteten ihren Lehrer zu verlieren: "Führe nicht das heilige Leben unter dem Mönch Gotama, Meister Udāyin. Nachdem du bereits ein Lehrer geworden bist, Meister Udāyin, dann lebe doch nicht mehr als Schüler."

Der Wanderasket Sakuludāyin gab seinen Schülern nach - und vermutlich auch seinem Ego, dem die Rolle des Lehrers mehr schmeichelte als die Rolle des Schülers. Der Erhabene aber ging jetzt auf Almosengang.


Zurück zu den buddhistischen Geschichten
Zur Übersicht   Gelnhausen-Meditation
Zur Hauptseite kommundsieh.de