Regelverstoß und Reue - MN 65
nacherzählt von Horst aus Gelnhausen
letzte Änderungen im Dezember 2018

Als diese Geschichte geschah, war der Erhabene in Anathapindikas Bhikkhuheim im Jeta-Hain bei Savatthi. Bei dieser Gelegenheit verkündete der Erhabene:

"Ihr Bhikkhus, ich esse nur einmal am Tag. Indem ich so verfahre, bin ich frei von Krankheit und Unbehagen, und ich erfreue mich der Gesundheit, Stärke und eines leichten Lebens. Kommt, ihr Bhikkhus, esst nur einmal am Tag. Indem ihr so verfahrt, werdet auch ihr von Krankheit und Unbehagen frei sein, und ihr werdet euch der Gesundheit, Stärke und eines leichten Lebens erfreuen."

Auf dieses Art kam es damals häufig zu neuen Ordnsregeln. Diesmal jedoch widersprach ein Mönch namens
Bhaddāli. Der Erhabene schlug vor, Bhaddāli könne, wenn  er eingeladen wird, dort essen und ein wenig von dem Essen als Wegzehrung mitnehmen, aber auch diesen Kompromiss schlug Bhaddali aus.

Nachdem diese Übungsregel vom Erhabenen bekannt gemacht worden war, verkündete Bhaddāli öffentlich in der Sangha der Bhikkhus seine fehlende Bereitschaft, sich der Übung zu unterziehen. Dann zeigte er sich dem Erhabenen die gesamten drei Monate der Regenklausur über nicht, weil er der Übung in der Lehre des Lehrers nicht nachkam.


Am Ende der Klausur sprach ihn einer seiner Mitmönche an: "Bitte, Freund Bhaddāli, pass genau auf, was du verkündest. Lass nicht zu, dass es später schwieriger für dich wird."

"Ja, Freund", erwiderte er, ging zum Erhabenen und sagte: "Ehrwürdiger Herr, ich habe einen Regelverstoß begangen, indem ich wie ein Narr, verwirrt und tölpelhaft,  öffentlich in der Sangha der Bhikkhus meine fehlende Bereitschaft, mich der Übung zu unterziehen, verkündete. Ehrwürdiger Herr, möge der Erhabene mir meinen Regelverstoß vergeben."


Der Buddha antwortete: "Gewiss, Bhaddāli, du hast einen Regelverstoß begangen, indem du wie ein Narr, verwirrt und tölpelhaft, nachdem eine Übungsregel vom mir bekannt gemacht worden war, öffentlich in der Sangha der Bhikkhus deine fehlende Bereitschaft, dich der Übung zu unterziehen, verkündetest. Aber auch dieser Umstand wurde von dir nicht begriffen: 'Viele Bhikkhus haben für die Regenklausur bei Sāvatthī Quartier bezogen, und auch sie werden von mir wissen: Der Bhikkhu namens Bhaddāli ist einer, der der Übung in der Lehre des Lehrers nicht nachkommt.´ Und auch dieser Umstand wurde von dir nicht begriffen: 'Viele Laienanhänger wohnen bei Sāvatthī, und auch sie werden von mir wissen: Der Bhikkhu namens Bhaddāli ist einer, der der Übung in der Lehre des Lehrers nicht nachkommt.´ Mit diesen und weiteren Beispielen, was die Folgen seiner Disziplinlosigkeit waren, konfrontierte der Buddha den Mönch.

Also bat der Übeltäter erneut:
"Ehrwürdiger Herr, ich habe einen Regelverstoß begangen, indem ich wie ein Narr, verwirrt und tölpelhaft, öffentlich in der Sangha der Bhikkhus meine fehlende Bereitschaft, mich der Übung zu unterziehen, verkündete. Ehrwürdiger Herr, möge der Erhabene mir meinen Regelverstoß vergeben."

Nun konfrontierte der Buddha den Reumütigen mit Fragen, wie sich verschiedene edle Schüler verhalten würden, unter anderem mit dieser Frage: "Was meinst du, Bhaddāli? Angenommen, ein Bhikkhu hier wäre ein Dhammaergebener, und ich sagte zu ihm: 'Komm, Bhikkhu, sei eine Planke für mich, damit ich den Schlamm überqueren kann.' Würde er den Schlamm selbst überqueren oder würde er einfach etwas anderes tun oder würde er 'Nein' sagen?"

"Nein, ehrwürdiger Herr."

Nach einigen solcher Beispiele stellte der Erhabene scchließlich die Frage: "Bhaddāli, warst du bei jener Gelegenheit nicht ein leerer, hohler Übeltäter?"

"Ja, ehrwürdiger Herr. Ehrwürdiger Herr, ich habe einen Regelverstoß begangen, indem ich wie ein Narr, verwirrt und tölpelhaft öffentlich in der Sangha der Bhikkhus meine fehlende Bereitschaft, mich der Übung zu unterziehen, verkündete. Ehrwürdiger Herr, möge der Erhabene mir meinen Regelverstoß vergeben."

Darauf sagte der Erhabene: "Gewiss, Bhaddāli, du hast einen Regelverstoß begangen. Aber weil du deinen Regelverstoß als solchen siehst und gemäß dem Dhamma Wiedergutmachung leistest, vergeben wir dir; denn es bedeutet Wachstum in der Disziplin des Edlen, wenn man seinen Regelverstoß als solchen sieht und gemäß dem Dhamma Wiedergutmachung leistet, indem man künftig Zurückhaltung übt."

Darauf fragte Bhaddāli - wohl gleichermaßen erleichtert wie verwirrt: "Ehrwürdiger Herr, was ist der Grund, dass einige Bhikkhus immer wieder ermahnt werden andere aber den Orden verlassen müssen?"

Der Buddha wies daraufhin, dass Übeltäter nicht gleich Übeltäter sei:

Unterschiedliche Situationen müssen unterschiedlich beurteilt werden."

Bhaddālis Wissbegier war aber noch nicht gestillt und so fragte er weiter, was ihn offensichtlich während dieser Regenklausur beschäftigt hatte: "Ehrwürdiger Herr, was ist der Grund dafür, dass es früher weniger Übungsregeln gab, und mehr Bhikkhus zur letztendlichen Erkenntnis gelangten? Umgekehrt auch: was ist der Grund, dass es jetzt mehr Übungsregeln gibt und weniger Bhikkhus zur letztendlichen Erkenntnis gelangen?"

Und der Buddha erläuterte gern dem wissbegierigen Mönch, warum sich die Dinge so entwickelten: "Das ist so, Bhaddāli. Wenn sich die Wesen verschlechtern und das wahre Dhamma verschwindet, dann gibt es mehr Übungsregeln, und weniger Bhikkhus werden das Ziel erreichen. Der Lehrer macht die Übungsregel für die Schüler nicht eher bekannt, als bestimmte Dinge, die die Grundlage für Triebe sind, hier in der Sangha offenbar werden; aber wenn dies der Fall ist, dann macht der Lehrer die Übungsregel für die Schüler bekannt, um jene Dinge, die die Grundlage für Triebe sind, abzuwehren.
Und das ist nicht der einzige Grund, auch weitere Veränderungen machen eine stringendere Vorgehenweise leider unabdingbar:
Danach erinnerte der Buddha Bhaddāli an die Anfänge: Es gab nur wenige von euch, Bhaddāli, als ich das Dhamma durch das Gleichnis vom jungen Vollblut- Hengstfohlen lehrte. Erinnerst du dich daran, Bhaddāli?"

"Nein, ehrwürdiger Herr, das ist lange her."

Der Buddha berichtigte ihn. "Bhaddāli, das ist nicht der einzige Grund. Wir beide wissen, dass du während meiner Vorträge damals häufig unaufmerksam warst. Dennoch will ich dich das Dhamma durch das Gleichnis vom jungen Vollblut-Hengstfohlen lehren. Höre zu und verfolge aufmerksam, was ich sagen werde."

"Ja, ehrwürdiger Herr", erwiderte Bhaddāli artig.

Der Erhabene sagte dieses:

"Bhaddāli, angenommen ein kluger Zureiter erwirbt ein gutes Vollblut-Hengstfohlen. Zuerst gewöhnt er es daran, das Zaumzeug zu tragen. Während das Hengstfohlen an das Zaumzeug gewöhnt wird, windet, krümmt und schüttelt es sich, weil es etwas tut, was es noch nie zuvor getan hat, aber durch ständiges Wiederholen und allmähliche Übung wird es friedlich bei jener Handlung.

Wenn das Hengstfohlen bei jener Handlung friedlich geworden ist, gewöhnt es der Zureiter daran, das Geschirr zu tragen. Während das Hengstfohlen an das Geschirr gewöhnt wird, windet, krümmt und schüttelt es sich, weil es etwas tut, was es noch nie zuvor getan hat, aber durch allmähliche Übung wird es friedlich bei jener Handlung.

Wenn das Hengstfohlen bei jener Handlung friedlich geworden ist, gewöhnt es der Zureiter weiter daran, Schritt zu gehen, im Kreis zu laufen, sich aufzubäumen, zu galoppieren, voranzustürmen. Während das Hengstfohlen an diese Dinge gewöhnt wird, windet, krümmt und schüttelt es sich, aber durch ständiges Wiederholen und allmähliche Übung wird es friedlich bei jenen Handlungen.

Wenn das Hengstfohlen bei diesen Handlungen friedlich geworden ist, belohnt es der Zureiter, indem er es abreibt und striegelt.

Ebenso, Bhaddāli, wenn ein Bhikkhu zehn Qualitäten besitzt, ist er der Geschenke würdig, würdig der Gastfreundschaft, würdig der Gaben, würdig der Ehrerbietung. Was sind die zehn? Bhaddāli, da besitzt ein Bhikkhu
Wenn ein Bhikkhu diese zehn Qualitäten besitzt, ist er der Geschenke würdig, würdig der Gastfreundschaft, würdig der Gaben, würdig der Ehrerbietung."

Das ist es, was der Erhabene sagte. Der ehrwürdige Bhaddāli war zufrieden und dankbar für die Worte des Erhabenen.


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