Wie viele Heilige gibt es? - MN 73
nacherzählt von Horst aus Gelnhausen
letzte Änderungen im November 2018

Einstmals war der Erhabene beim Eichhornchen-Futterplatz im Bambushain bei Rajagaha, als ihn der Wanderasket Vacchagotta aufsuchte. Dieser unabhängige spirituelle Sucher, der früher einer anderen spirituellen Gemeinschaft angehörte, hatte sich schon verschiedentlich an den Buddha gewandt. So war er von einem Skeptiker zunächst zum Sympathisanten der Bewegung des Buddha geworden und schließlich sogar zum Laienanhänger (vgl. MN 72 "Der Buddha ist wie das Feuer").

Der Wanderasket sprach: "Seit langem habe ich erbauliche und für mich sehr hilfreiche Gespräche mit dem Erhabenen gehabt. Es wäre gut, wenn mich der Erhabene das Heilsame und das Unheilsame lehren würde."

Und der Buddha erläuterte ihm:
  • "Gier ist unheilsam, Großzügigkeit ist heilsam,
  • Hass ist unheilsam, Metta (liebende Güte) ist heilsam,
  • Verblendung ist unheilsam, Erkenntnis der Dinge, wie sie wirklich sind, ist heilsam.

  • Töten von Lebewesen ist unheilsam, Freundlichkeit ist heilsam,
  • Nehmen, was nicht gegeben wurde, ist unheilsam; geben, was benötigt wird, ist heilsam,
  • sexuelle Ausbeutung ist unheilsam; Stille, Schlichtheit und Genügsamkeit sind heilsam,
  • lügen ist unheilsam, die Wahrheit sagen ist heilsam
  • gehässige Rede ist unheilsam, freundliche Rede ist heilsam,
  • grobe Rede ist unheilsam, differenzierte Ausdrucksweise ist heilsam,
  • Geschwätzigkeit ist unheilsam, Schweigen ist heilsam,
  • Habgier ist unheilsam, Teilen ist heilsam,
  • Übelwollen ist unheilsam, Unterstützung im Guten ist heilsam,
  • falsche Ansicht ist unheilsam, die Wahrheit erkennen ist heilsam."
Während der Buddha sprach schaute Vacchagotta zunächst ernst und angespannt, je länger er aber zuhörte desto entspannter und heiterer wurde sein Gesicht. Was er hörte, leuchtete ihm unmittelbar ein.

Und so stellte er eine weitere Frage, es ging um etwas, was ihn schon lange beschäftigt hatte:

"Gibt es außer Euch, Meister Gotama, noch irgendeinen Bhikkhu, der das große Ziel, die Befreiung, die Vernichtung der Triebe, die Vollkommenheit, erreicht hat?"

Nun heiterte sich auch das Gesicht des Buddha sichtlich auf, denn er freute sich zu versichern: "Vaccha, es gibt nicht nur hundert oder zwei- oder drei- oder vier- oder fünfhundert, sondern weit mehr Bhikkhus, die
die Befreiung, die Vernichtung der Triebe, die Vollkommenheit erreicht haben, die Heilige geworden sind".

Und
jetzt hatte Vacchagotta Feuer gefangen, er wollte genau wissen, wie es um die Schüler und Schülerinnen des Buddha stand.

"Gibt es außer Euch, Meister Gotama, und den Bhikkhus, die das große Ziel, die Befreiung, erreicht haben, vielleicht auch eine Bhikkhuni, die das erreicht hat?"

Und lächelnd versicherte der Buddha: "Vaccha, es gibt nicht nur hundert oder zwei- oder drei- oder vier- oder fünfhundert, sondern weit mehr Bhikkhunis, die die Befreiung erreicht haben, die Heilige geworden sind".

Der Asket fragte weiter: "Und wie ist es mit Nichtwiederkehrern, gibt es unter den Laienanhängern, welche dieses Ziel erreicht haben, die also nicht wieder in dieser Welt geboren werden?"

Und wieder gab der Buddha die gleiche Antwort. Dabei muss man wissen, dass "mehr als 500" im damaligen Sprachgebrauch bedeutete: eine sehr große Zahl, auf jeden Fall Hunderte". Mit Nichtwiederkehrern sind diejenigen gemeint, die die ersten fünf der zehn Fesseln gebrochen haben, die einen an dieses Leben binden.

Dann fragte der Asket auch noch nach Stromeingetretenen unter den Laienanhängern und abermals erhielt er die gleiche Antwort. Schließlich wollte er die letzten beiden Punkte auch noch für Laienanhängerinnen geklärt haben, die Antwort des Buddha blieb jeweils gleich.

Dann sagte Vacchagotta: "Meister Gotama, wenn nur Ihr in dieser Praxis efolgreich gewesen wäret, aber keiner Eurer Gefolgsleute, wäre ich äußerst skeptisch gewesen, aber was Ihr mir jetzt gesagt habt, ist unwerfend. So wie sich der Gangesfluss auf das Meer zubewegt, so bewegt sich auch Meister Gotamas Gefolge mit all den Hauslosen und Haushältern auf das Nirwana zu. Großartig, Meister Gotama! Und so, wie diese Eure Schüler tun, so will ich auch tun, ich bitte um Ordination."

Der Buddha wies ihn auf eine Regel seines Ordens hin: "Vacchagotta, du warst  Angehöriger einer anderen spirituellen Richtung. In meiner Gemeinschaft gibt es die Regel, dass Konvertiten aus anderen spirituellen Gemeinschaften eine viermonatige Probezeit ablegen müssen. Die Bhikkhus beobachten ihn in dieser Zeit, und wenn sie zufrieden sind, wird derjenige dann ordiniert. Dies ist keine ganz strenge Regelung mit den vier Monaten, wir machen mitunter auch Ausnahmen."

"Wunderbar Erhabener, dann bitte ich um eine Ausnahme. Man möge mich nicht vier Monate begutachten, sondern vier Jahre. Wenn die Bhikkhus dann mit mir zufrieden sind, möchte ich ordiniert werden."

Der Buddha nahm dieses Ansinnen mit Wohlgefallen auf.
Vacchagotta, praktizierte vier Jahre lang als Novize, dann erhielt er die volle Ordination. Und zwei Wochen nach seiner Ordination kam er zum Buddha und beschrieb, was er erlebt hatte. Daraufhin stellte der Erhabene fest, dass Vacchagotta zum Nichtwiederkehrer geworden war, und er gab ihm zwei weitere Anweisungen: er solle Samatha- und Vipassana-Praktiken machen.

Nicht lange danach, nachdem er in Einzelklausur intensiv praktiziert hatte, erreichte er das höchste Ziel. Er war ein Arahant geworden, ein weiterer Heiliger. Und der Buddha verkündete:
"Bhikkhu Vacchagotta hat das dreifache Wissen erlangt und hat außerdem große übernatürliche Fähigkeiten erreicht:"

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