Die Lehrrede von Furcht und Schrecken (MN 4)
nacherzählt von Horst aus Gelnhausen
letzte Änderungen im November 2018
Einst weilte der Erhabene im Jeta-Hain bei Savatti, im Park, den Anathapindika für die Mönche angelegt hatte. Da
kam ein Mann namens Janussoni aus dem Brahmanenstand zu ihm, weil er
sich darüber gewundert hatte, dass der Buddha und seine Mönche in der
Wildnis, im Dschungel lebten. Er begrüßte den Buddha freundlich, setzte
sich seitlich nieder und richtete seine Fragen an den Buddha.
"Meister Gotama, ich habe gehört, dass ihr im Dschungeldickicht im Wald übt und auch eure Mönche ermuntert, dergleichen zu tun."
Der Buddha bestätigte dies: "Da habt ihr richtig gehört, das tue ich."
"Aber
Meister Gotama, entlegene Lagerstätten im Dschungeldickicht im Wald
sind schwer auszuhalten, Abgeschiedenheit ist schwierig zu
praktizieren, und es ist schwer sich an Einsamkeit zu erfreuen. Man
möchte meinen, der Dschnungel müsste einem Mönch den Verstand rauben."
Darauf
der Buddha: "Du hast recht, Brahmane, auch ich sagte mir, als ich noch
ein unerwachter Bodhisattva war: der Dschungel müsste einem Mönch den
Verstand rauben, wenn er keine Konzentration besitzt hat. Und ich erwog
weiter:
- aufgrund ungeläuterten körperlichen Verhaltens entstehen Furcht und Schrecken, ich aber habe mein körperliches Verhalten geläutert,
- aufgrund ungeläuterten sprachlichen Verhaltens entstehen Furcht und Schrecken, ich aber habe mein sprachliches Verhalten geläutert,
- aufgrund ungeläuterten geistigen Verhaltens entstehen Furcht und Schrecken, ich aber habe mein geistiges Verhalten geläutert,
- aufgrund ungeläuterter Lebensweise entstehen Furcht und Schrecken, ich aber habe meine Lebensweise geläutert,
- Mönche oder Brahmanen, die habgierig und voller Begierde sind, erleben Furcht und Schrecken, ich aber bin frei von Habgier ,
- Mönche oder Brahmanen mit einem Herze voller Übelwollen und hasserfüllten Absichten erleben Furcht und Schrecken, ich aber habe ein Herz voller Metta, voller liebender Güte,
- Mönche oder Brahmanen, die von Trägheit und Mattheit übermannt werden, erleben Furcht und Schrecken, ich aber bin frei von Trägheit und Mattheit,
- Mönche oder Brahmanen mit einem rastlosen und unruhigen Herzen erleben Furcht und Schrecken, ich aber bin ein Edler mit friedvollem Herzen,
- Mönche oder Brahmanen, die unsicher und zweifelnd sind, erleben Furcht und Schrecken, ich aber bin frei von Zweifel am Dharma,
- Mönche oder Brahmanen, die zum Eigenlob und zur Herabwürdigung anderer neigen, erleben Furcht und Schrecken, ich aber bin frei von Eigenlob und der Herabwürdigung anderer,
- Mönche oder Brahmanen, die Bestürzung und Ängstlichkeit unterworfen sind, erleben Furcht und Schrecken, ich aber erkannte in mir die Abwesenheit von Haarsträuben,
- Mönche
oder Brahmanen, die nach Gewinn, Ehre und Ruhm trachten, erleben Furcht
und Schrecken, ich aber habe nur eine geringe Zahl von Wünschen,
- Mönche
oder Brahmanen, die faul und energielos sind, erleben Furcht
und Schrecken, ich aber habe eine Fülle an Energie,
- Mönche
oder Brahmanen, die noch unachtsam und nicht wissensklar sind, erleben Furcht
und Schrecken, ich aber bin fest in Achtsamkeit verankert,
- Mönche
oder Brahmanen, die unkonzentriert sind und deren Geist abschweift, erleben Furcht
und Schrecken, ich aber bin erfüllt von gesammeltem Geist,
- Mönche
oder Brahmanen, die ohne Weisheit sind, die Schwätzer sind, erleben Furcht
und Schrecken, ich aber bin erfüllt von Weisheit.
Und
dann sagte ich mir: es gibt diese als glücksverheißend geltenen Nächte
bei Halbmond. Wie wäre es, wenn ich mich in solchen Nächten an
erfurchtsvollen und schreckerregnden Plätzen aufhielte, wie
beispielsweise an Waldschreinen? Ich dachte mir: "Was, wenn jetzt
Furcht und Schrecken kommen." Dann aber überlegte ich: "Warum weile ich
eigentlich in Erwartung von Furcht und Schrecken?"
- Wenn ich dort ging, und Furcht und Schrecken kamen, ging ich einfach weiter und wartete, was geschähe.
- Wenn ich dort in Furcht und Schrecken saß, blieb ich einfach sitzen und wartete, was geschähe.
- Wenn ich dort lag und Furcht und Schrecken kamen, blieb ich einfach liegen.
Als
Ergebnis stellte ich fest, dass die Angst bei Dunkelheit auch noch den
befällt, der bei Tag frei davon ist. Ich sagte mir: dann ist das eben
so und begab mich in Meditation. Meine Meditation war von Hinwendung
des Geistes, Verzückung und Glückseligkeit geprägt und ich erreichte
die erste Vertiefung. Allmählich ließen Hinwendung des Geistes,
Verzückung und Glückseligkeit nach, so wie schon früher Freude und
Trauer verschwunden waren und ich erreichte den Zustand von Gleichmut,
in der es weder Schmerzvolles noch Angenehmes gibt, die vierte
Vertiefung und weilte darin.
Als
mein gesammeltes Herz deratig geläutert war, erinnerte ich mich an
viele frühere Leben mit ihren jeweligen Aspekten und Besonderheiten.
Dies war das erste wahre Wissen, das mir während der ersten Nachtwache
aufstieg.
Als
mein gesammeltes Herz deratig geläutert war, richtete ich mein
Augenmerk auf das Wissen vom Sterben und Wiedererscheinen der Wesen. So
sah ich mit dem Himmlischen Auge, das dem menschlichen überlegen ist,
die Wesen sterben und wiedererscheinen, niedrige und hohe, schöne und
hässliche, in Glück und Elend, und ich verstand, wie die Wesen ihren
Handlungen gemäß weiterwandern. Dies war das zweite wahre Wissen, das mir während der zweiten Nachtwache aufstieg.
Als
mein gesammeltes Herz deratig geläutert war, richtete ich mein
Augenmerk auf das Wissen von der Vernichtung der Triebe. Ich sah: Dies
ist Dukkha, dies ist der Ursprung von Dukkha, dies ist das Aufhören von
Dukkha, und dieses ist der Weg, der zum Aufhören von Dukkha führt.
Und
ich erkannte: Dies sind die Triebe, dies ist der Ursprung der Triebe,
dies ist das Aufhören der Triebe und dieses ist der Weg, der zum
Aufhören der Triebe führt. Und ich wusste, dass mein Herz vom
Sinnentrieb befreit ist, vom Daseinstrieb und vom Unwissenheitstrieb.
Ich erkannte: die Befreiung ist verwirklicht. Dies war das dritte
Wissen, das mir während der dritten Nachtwache aufstieg.
Lieber Brahmane, möglicherweise denkst du: der Mönch Gotama kann nicht befreit sein, das gibt es nicht. Aber
so solltest du nicht denken. Weil ich zweierlei Nutzen darin sehe,
geschieht es, dass ich mich immer noch an entlegene Lagerstätten im
Dschungeldickicht im Wald zurückziehe: Ich sehe darin einen angenehmen
Aufenthaltsort für mich, hier und jetzt, und ich habe Mitgefühl für
künftige Generationen.
Der Brahmane war begeistert von der Rede des Buddha und nahm daraufhin Zuflucht zu Buddha, Dharma und Sangha.
Anmerkung; der rot geschriebene Abschnitt ist wörtlich aus Mettiko Bhikkkhus Übersetzung der Majjhima Nikaya übernommen.
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