Als
diese Geschichte geschah, war der Erhabene in Anathapindikas
Bhikkhuheim im Jeta-Hain bei Savatthi und erhielt dort Besuch vom
Wanderasketen Vacchagotta, einem unabhängigen spirituellen Sucher, den
der Buddha schon früher gelegentlich getroffen hatte. Man kann sagen,
dass Vacchagotta mit dem Dharma sympathisierte, aber nicht zu den
Schülern des Buddha gehörte.
Der Asket stellte dem Buddha die fünf Fragen, die die spirituellen Sucher jener Zeit bewegte
- Ist die Welt ewig?
- Ist die Welt endlich?
- Sind Seele und Körper das gleiche?
- Existiert ein Erleuchteter nach dem Tode weiter?
Nach dem damaligen Verständnis der Logik konnte es darauf jeweils vier unterschiedliche Antworten geben:
- Ja, so ist es.
- Nein, so ist es nicht.
- Es ist weder so, dass es so ist, noch, dass es nicht so ist.
- Es ist sowohl so, dass es so ist, als auch so, dass es nicht so ist.
Und
da diese fünf Fragen multipliziert mit den vier möglichen Antworten
insgesamt 20 mögliche Aussagen ergeben, stellt Vacchagotta dem Buddha
insgesamt 20 mögliche Fragen, etwa in der Art:
"Ist es sowohl so, dass die Welt ewig ist als auch, dass sie nicht ewig ist?"
Nach den Gesezen der Logik hätte der Buddha auf fünf dieser 20 Fragen
mit "Ja" antworten müssen, aber der Buddha verneinte alle 20 Fragen,
was den Vacchagotta verständlicherweise verwirrte: "Das verstehe ich
nicht, Meister Gotama verneint alle diese Fragen, das kann doch nicht
sein, oder?"
Doch der Buddha wies den Wanderasketen daraufhin, dass alle diese
Aussagen spekulativer Natur seien, einer wissenschaftlichen Überprüfung
nicht zugängig, da die Antwort nach weltlichem Verständnis weder
verifizierbar noch falsifizierbar sei und der Buddha antwortete:
"Vacchagotta, ein Erwachter hat keine spekulativen Ansichten. Ein
Erwachter hat gesehen: dass ist die Form, das ist das Gefühl, das ist
die Wahrnehmung, das sind die Gestaltungsabsichten und das ist das
Bewusstsein. All dies entsteht in Abhänigigkeit von Bedingungen und es
verschwindet, wenn die Bedingungen, die zu ihrem Entstehen geführt
haben, nicht mehr gegeben sind."
Damit hat der Buddha die fünf Khandhas, die fünf Gruppen, aus denen
eine Person nach buddhistischer Auffassung besteht, ebenso benannt, wie
ihr Entstehen und Vergehen in Abhängigkeit von Bedingungen; dies fünf
Gruppen sind:
- die Körperlichkeitsgruppe (rūpa-kkhandha),
- die Gefühlsgruppe (vedanā-kkhandha),
- die Wahrnehmungsgruppe (saññā-kkhandha),
- die Gruppe der Geistesformationen (sankhāra-kkhandha)
- die Bewusstseinsgruppe (viññāna-kkhandha)
Vacchagotta
jedoch ist noch immer verwirrt (du vielleicht auch?) und er fragte:
"Wenn ein Erwachter stirbt, was wird dann aus ihm, irgendwas muss doch
danach kommen, irgendwo muss er doch hingehen, irgendwo muss er doch
wieder erscheinen, sei es in dieser Welt, oder in einer himmlischen
Sphäre oder anderswo."
Da versuchte es der Buddha mit einem Gleichnis: "Vacchagotta,
angenommen hier würde ein Lagerfeuer brennen, würdest du dann wissen,
dass hier ein Feuer brennt?"
"Klar würde ich das wissen, ich sehe es ja!"
"Und wenn ich dich dann frage: `In Abhängigkeit wovon brennt es denn´, was würdest du antworten?"
"Nun, ehrwürdiger Herr, ich würde sagen, dass es in Abhängigkeit von
seinem Brennstoff brennt, also beispielsweise von Gras und Zweigen."
"Und, Vacchagotta, wenn das Feuer dann ausgegangen ist, würdest du wissen, dass es erloschen ist?"
"Klar würde ich das wissen, ich sehe es ja!"
"Und, Vacchagotta, wenn dich jetzt einer fragt: `Wo ist denn das Feuer
hingegangen, nach Osten, Westen, Süden oder Norden´, was würdest du ihm
antworten?"
"Meister
Gotama, ich würde ihm sagen, dass diese Frage unsinnig ist, denn das
Feuer brannte in Abhängigkeit von seinem Brennstoff, von Gras und
Zweigen."
"Siehst du, ebenso ist es mit einem Tathagata, einem Buddha, er wird nicht über die Form definiert, er ist von vedanā
(Empfindungen) befreit, er ist von Erfassbarkeit durch Wahrnehmung
befreit, er hat keine Tatabsichten mehr und auch das Bewusstsein, das
jemand, der den Tathagata beschreibt, diesem zuweist, ist von ihm
überwunden worden, es ist beseitigt, er ist nicht mehr von einem
abgrenzbaren, definierbarem Bewusstsein. Mit seinem physischen Tod ist
ein Tathagata erloschen."
"Großartig, Meister Gotama, jetzt habe ich es verstanden, Meister
Gotama hat einem Verwirrten den Weg gewiesen, ich möchte für mein Leben
lang Zuflucht nehmen, möge mich Meister Gotama als Laienanhänger
annehmen!"