Wer ist der Feind ?
von Maha Ghosananda


1981 hielten die Vereinten Nationen eine Konferenz über die Zukunft Kambodschas ab.

Damals führten wir auch eine buddhistische Friedenszeremonie durch.

Am Ende der Zeremonie kam ein Führer der Roten Khmer zu mir – er war dabei sehr vorsichtig – und fragte mich, ob ich bereit wäre nach Thailand zu kommen und an der Grenze zu Kambodscha einen Tempel zu bauen.

Ich sagte zu.

„Oh!“, dachten viele Menschen, er spricht mir dem Feind. Er hilft dem Feind! Wie kann er nur?“

Ich erinnerte sie daran, dass wir Metta zu allen Wesen entfalten sollen, solchen mitnoblen Gedanken und solchen mit niedrigen Gedanken, guten oder ungeschickten Wesen.

Die edlen und die geschickt handelnden Wesen beziehen wir ein, denn unsere Freundlichkeit, unser Metta strömt ihnen gerne zu.
Die ungeschickt handelnden Wesen müssen wir einbeziehen, denn sie bedürfen unsere Liebe, unserer Güte, unseres Metta am meisten.

In vielen von ihnen ist die Saat der Güte abgestorben, denn es fehlte die innere Wärme für das Wachstum der Güte. In einer Welt der Kälte fehlte das Mitgefühl

Gandhi sagte, er sei immer zum Kompromiss bereit. Er sagte: „Hinter meinem bekannten Starrköpfigkeit steckt immer das tiefe Verlangen nach Zusammenarbeit, selbst mit den übelsten Kontrahenten. Für mich bedarf ein äußerst Unvollkommener immer der Gnade Gottes, er bedarf des Dharma. Es gibt niemanden, der nicht erlöst werden kann."

Ich hinterfrage nicht, dass die Liebe zu deinen Unterdrückern – die Liebe der Kambodschaner zu den Roten Khmer – äußerst schwer zu entfalten ist. Aber es ist ein universelles Gesetz, dass Vergeltungssucht, Hass und Rache lediglich das Rad des Verderbens weiter antreiben und es niemals stoppen.

Versöhnung bedeutet nicht, dass wir unsere Rechte aufgeben, sondern dass wir bei unseren Verhandlungen von Liebe erfüllt sind.
Es bedeutet, dass wir uns selbst in unserem Gegner erkennen können, denn was ist unser Gegner anderes als ein verblendetes Wesen – und in vielerlei Hinsicht sind wir selbst genau so verblendet.

Daher kann die Befreiung nur durch Metta und Rechte Achtsamkeit kommen.

Gandhi sagte: “Je starker du den Gedanken der Gewaltlosigkeit in dir selbst erweckst, um so ansteckender wird dieser Gedanke, bis er dein Umfeld infiziert und - Stück für Stück – die Welt überwältigt.!“

Jeder von uns ist für seine eigene Rettung und für sein eigener Glück verantwortlich. Durch unser Bemühen finden wir einen Pfad zur Befreiung. Dieses Rechte Bemühen ist nichts anderes als unsere Liebe zu allen Wesen und die Transformation von Verblendung in Licht.



 

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