Achtsamkeit auf den Atem - MN 118
nacherzählt von Horst aus Gelnhausen
letzte Änderungen im November 2018
Zu
jenem Zeitpunkt befand sich der Erhabene bei Savatthi, im Ostpark, in
der Villa von Migaras Mutter, zugegen waren auch einige seiner
bekanntesten Schüler, darunter Sariputta, Maha Moggalana, Maha Kassapa,
Ananda und Anuruddha. Man hatte gerade ein Seminar abgehalten, bei dem
die Ordensältesten und erfahrendsten Bhikkhus junge Bhikkhus in
verschiedenen Klassen zusammengefasst und unterrichtet hatten.
Anlässlich des Uposatha-Tages wurde in der Vollmondnacht eine Zeremonie
abgehalten, bei der sich der Erhabene zufrieden mit dem Seminarverlauf
zeigte. In seiner Ansprache kam er, nachdem er die Fortschritte der
einzelnen Mönchsklassen gelobt hatte, auch auf die Atemachtsamkeit zu
sprechen. Was er sagte, ist bis heute einer der wichtigsten
Unterweisungen für alle Meditierenden auf der ganzen Welt, vermutlich
die zweitwichtigste im gesamten Pali-Kanon und ist bekannt als das Ānāpānasati Sutta:
"Ihr Bhikkhus, wenn die Vier Grundlagen der Achtsamkeit entfaltet und
geübt werden, vervollkommnen sie die Sieben Erleuchtungsglieder,
vervollkommnen sie wahres Wissen und Befreiung.
- Der Bhikkhu übt und erkennt, wenn er lang ein- oder ausatmet, dass er lang ein- oder ausatmet.
- Der Bhikkhu übt und erkennt, wenn er kurz ein- oder ausatmet, dass er kurz ein- oder ausatmet.
- Er übt sich so: `Ich werde ein- und ausatmen und den gesamten Atemkörper erleben´.
- Er übt sich so: `Ich werde ein- und ausatmen und dabei die Gestaltung des Körpers beruhigen´.
- Er übt sich so: `Ich werde ein- und ausatmen und dabei Verzückung erleben.´
- Er übt sich so: `Ich werde ein- und ausatmen und dabei Glückseligkeit erleben.´
- Er übt sich so: `Ich werde ein- und ausatmen und dabei die Gestaltung des Herzens erleben.´
- Er übt sich so: `Ich werde ein- und ausatmen und dabei die Gestaltung des Herzens beruhigen.´
- Er übt sich so: `Ich werde ein- und ausatmen und dabei das Herz erleben.´
- Er übt sich so: `Ich werde ein- und ausatmen und dabei das Herz erfreuen.´
- Er übt sich so: `Ich werde ein- und ausatmen und dabei das Herz sammeln.´
- Er übt sich so: `Ich werde ein- und ausatmen und dabei das Herz befreien.´
- Er übt sich so: `Ich werde ein- und ausatmen und dabei die Vergänglichkeit betrachten.´
- Er übt sich so: `Ich werde ein- und ausatmen und dabei die Lossagung betrachten.´
- Er übt sich so: `Ich werde ein- und ausatmen und dabei das Aufhören betrachten.´
- Er übt sich so: `Ich werde ein- und ausatmen und dabei das Loslassen betrachten.´
Ihr Bhikkhus, wenn so geübt wird ist das von großem Nutzen.
Aber wie vervollkommnen diese Vier Grundlagen der Achtsamkeit die Sieben Erwachensglieder?
- Wann immer er so achtsam übt, entfaltet und vervollkommnet er das Erwachensglied Achtsamkeit.
- Und indem er so achtsam verweilt, ergründet und untersucht er jenen Zustand mit Weisheit, so entfaltet und vervollkommnet er das Erwachensglied Wirklichkeitsergründung.
- Indem er so mit Weisheit ergründet und untersucht entsteht in ihm unermüdliche Energie, entfaltet und vervollkommnet er das Erwachensglied Tatkraft.
- Und hat er so diese Energie hervorgebracht, so erscheint in ihm Begeisterung, so entfaltet und vervollkommnet er das Erwachensglied Verzückung.
- Wenn sich die mit der Verzückung verbundene Aufregung legt, dann werden Körper und Herz still, so entfaltet und vervollkommnet er das Erwachensglied Beruhigung und Stille.
- Wenn diese Stille und das Glück vorhanden sind, sind die Bedingungen für wahre Konzentration da, so entfaltet und vervollkommnet er das Erwachensglied Sammlung.
- Wenn man derart gesammelt ist und diese Atembetrachtungen durchgeführt wird, dann wird man gleichmütig, so entfaltet und vervollkommnet er das Erwachensglied Gleichmut.
Und
wie führt das zur Befreiung, zum Nirwana? Jedes dieser Erwachensglieder
wird entfaltet und gepflegt, diese Erwachensglieder werden durch
Abgeschiedenheit, Lossagung und Aufhören gefördert und führen zum
Loslassen. Ihr Bhikkhus, auf diese Art vervollkommnen die entfalteten
und geübten Sieben Erwachensglieder wahres Wissen und führen zur
Befreiung, zum Nirwana.
So endete die Festansprache des
Buddha an jenem Feiertag vor mehr als zweieinhalb Jahrtausenden.
Seitdem üben Menschen in aller Welt diese sechszehnstufige
Atemachtsamkeit und entwickeln sie die Erwachensglieder. Auf diese Art
sind unzählige Menschen befreit worden uns ins Nirwana gelangt, dies
begann vor mehr als zweieinhalb Jahrtausenden und dauert noch an.
Übt und entfaltet daher die
Achtsamkeit beim Atem, am besten - nachdem ihr einige Zeit mit der
Atembetrachtung vertraut seid - in dieser sechszehnstufigen Variante
und mit sachkundiger Unterstützung.
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