Die 32 Merkmale des Übermenschen - MN 92
nacherzählt von Horst aus Gelnhausen
letzte Änderungen im November 2018
Vorbemerkung des Nacherzählers:
Ich bin nicht sicher ob sich die
Geschichte tatsächlich so abspielte. Vermutlich ist sie erfunden
worden, um zu beweisen, dass der Buddha diese 32 Merkmale eines
Übermenschen hatte. Es sind 32 Merkmale, die in der indischen
Mythologie eine Rolle spielen und in vedischen (also vorbuddhistischen)
Schriften genannt werden. Ähnliches ist auch aus anderen Religionen
bekannt. So steht in jüdischen Texten (der Tora), die als Altes
Testament ins Christentum übernommen wurde, dass der Messias in der
Stadt Davids, also Bethlehem
geboren würde. Nun ist Jesus von Nazareth, offensichtlich nicht aus
Bethlehem, sondern eben aus Nazareth. Daher erfanden die Evangelisten
einfach eine Volkszählung, zu der man unsinniger Weise in die Stadt
seiner Vorfahren reisen müsse. Die Geschichtswissenschaft ist sich
sicher: es gab unter Kaiser Augustus definitiv keine Volkszählung! Auf
ähnliche Weise dürfte auch diese Geschichte in den Palikanon gelangt
sein.
Wir
kennen jedoch einige der genannten Merkmale, denn sie wurden und werden
an Buddhafiguren üblicherweise dargestellt, so der Punkt auf der Stirn
("Drittes Auge"), das Usnisa (die Erhebung auf dem Hinterkopf des
Buddha) und die überlangen Ohrläppchen.
Bezeichnender Weise druckt die renommierte Pali Text Society dieses Sutta nicht ab.
So
habe ich gehört. Einmal wanderte der Erhabene im Lande Anguttarapa
umher, wobei er 1250 Bhikkhus bei sich hatte. Sie gelangten zu eine
Stadt namens Apana. Hier lebte der Filzhaarasket Kaniya, der sich zum
Buddha begab, um einem Vortrag zu lauschen. Er war darüber so
begeistert, dass er sagte: "Wunderbar, der Erhabene möge zustimmen,
morgen das Mittagsmahl mit seiner Sangha bei mir einzunehmen."
Der Buddha machte ihn darauf aufmerksam, dass das wohl kaum möglich
sei, da er 1250 Mönche bei sich habe, doch der Filzhaarasket bestand
darauf.
Offensichtlich war dieser Filzhaarasket ein einflussreicher Mann, denn
er ließ seine Freunde und Verwandten an, Feuerstellen auszugraben, Holz
zu hacken, Geschirr zu besorgen und zu spülen, Wasserkrüge bereit zu
stellen und Sitzgelegenheiten zu beschaffen. Er selbst errichtete einen
Pavillon.
Zur gleichen Zeit hielt sich auch der brahmanische Meister Sela bei
Apana auf. Er war Meister der drei Veden, der Lithurgie, der
Klanglehre, der Abstammungslehre, der Geschichte, der
Sprachwissenschaft und der Naturphilosophie. Auch kannte er die 32
Merkmale eines Übermenschen.
Als Sela die Vorbereitungen für das Mahl sah, fragte er den
Filzhaarasketen Keniya: "Ihr habt wohl eine Hochzeit auszurichten. Oder
kommt etwa König Bimbisara zu Gast?"
Kaniya verneinte: "Es ist viel großartiger, der Mönch Gotama kommt mit
1250 Bhikkhus, und er ist ein Erhabener, ein vollständig Erwachter, ein
Buddha."
Sela staunte nicht schlecht: "Sagtest du `Buddha´, Keniya?"
"Ja, Sela, ich sagte `Buddha´!"
Da dachte sich Sela: es ist schwer heutzutage selbst dem Wor`Buddha´ zu
begegnen, geschweige denn einem Buddha selbst. Nun sind in unseren
Hymnen die 32 Merkmale eines Übermenschen aufgelistet, sodass ich ihn
daran erkennen könnte. Und so fragte er: "Mein lieber Keniya, wo hält
sich denn dieser `Buddha´, der Meister Gotama, auf?"
Keniya wies ihm den Weg und Professor Sela ging mit seinen dreihundert brahmanischen Studenten dorthin.
Man tauschte die üblichen Grußformeln aus und setzte sich hernieder.
Sela hielt eifrig nach den 32 Merkmalen eines Übermenschen Ausschau und
konnte tatsäschlich 30 davon entdecken, also alle außer zweien, die
versteckt waren. Es handelte sich dabei einerseits um die Größe der
Zunge andererseits um das Geschlechtsorgan, das bei einem Übermenschen
hinter einer Hautfalte verborgen ist, ähnlich wie bei einem Hengst.
Es nimmt nicht Wunder, dass ein überaus achtsamer Mann wie der Buddha
bemerkte, was Sela da trieb, und dass er tatsächlich 30 Merkmale würde
erkennen können, zwei jedoch nicht. Also streckte der Erhabene seine
Zunge heraus und berührte mehrmals beide Ohröffnungen, schließlich
bedeckte er noch seine ganze Stirn damit. Und mit seinen
übernatürlichen Kräften bewirkte er außerdem, dass der Brahmane Sela
durch die Robe sein Geschlechtsorgan sehen konnte.
Sela war ebenso erstaunt wie überwältigt davon, einen wirkichen Buddha
vor sich zu sehen und er stimmte eine Lobeshymne an, die sich zu einer
Arie entwckelte, in der auch der Buddha ein Solo hatte und schließlich
die Studenten die Aufgabe des Chors wahrnahmen. (Ein bisschen so wie in einem Bollywood-Film.)
Und da solche Geschichten in buddhistischen Kreisen nicht mit der Formel enden "Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute", hier also die korrekte Formel für das Ende der Geschichte:
So zogen der Brahmane Sela und seine Studenten unter dem Erhabenen in die Hauslosigkeit und sie erhielten die Ordination.
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