Horst, der Mensch: Der verschlungene Pfad in Richtung eines Lebens zum Wohl aller Wesen – Geschichte eines europäischen Buddhisten - Stand 22.1.2020

Szene 074 – Habsburger – 2004-2009



Zu Beginn des Jahres 2004 war klar, dass sich mein 4-Stufen-Plan (vgl. Szene 057) zur Gründung eines FWBO-Zentrums im Rhein-Main-Gebiet

Stufe 1: Meditation- und Dharma in der Mansarde in Großauheim (Szene 062)

Stufe 2: Meditations- und Dharmaabende im Bürgerhaus Hanau-Großauheim

Stufe 3: Anmietung eines Meditationsraumes in Frankfurt

Stufe 4: Gründung eines FWBO-Zentrums in Frankfurt

nicht umsetzen ließ. Der Zuspruch zu meinen Veranstaltungen war so gering, dass schon der Übergang zu Stufe 2 nicht möglich war. Ich war also vor die Frage gestellt, ob ich es wagen sollte, direkt zu Stufe 3 überzugehen – mit allen Risiken.

Doch plötzlich bekam die Sache eine gewisse Eigendynamik. Im Oktober hatte ich eine junge Frau kennengelernt (Sandra, vgl. Szene 071) und wir hatten uns inzwischen angefreundet. Ich hatte sogar Eli, die Mutter meiner Kinder, die acht Jahre zuvor unserer Gemeinschaft von Tisch und Bett aufgekündigt hatte, gefragt, ob es denn ein Problem gäbe, wenn gelegentlich meine Freundin zu Besuch in meine Mansarde käme. Sie verneinte. Im Juni war Sandra, die bei ihren Eltern in Frankfurt wohnte, wieder einmal bei mir. Da sie heftige Migräne bekam, wollte sie nicht nach Hause fahren und übernachtete bei mir. Am Morgen war ich bereits früh zur Schule gegangen. Als Sandra etwas später das Haus verlassen wollte, wurde sie von Eli abgefangen und aufs heftigste verbal attackiert.

Etwas später telefonierte ich aus dem Lehrerzimmer meiner Schule mit Sandra. Sie weinte heftig, erzählte von der Begegnung mit Eli, und sagte diese hätte geschrien: „Warum besorgt ihr euch nicht eine eigene Wohnung in Frankfurt und haut einfach hier ab!“ Ich versuchte Sandra zu beruhigen und sagte, ich würde sie nach der Schule anrufen und die Sache klären.

Ich legte den Hörer auf, ging durchs Lehrerzimmer und fand an der Tür ein Wohnungsangebot: „Wohnung mit zwei großen Zimmern in Frankfurt mit herrlichem Ausblick auf die Skyline für 450 € warm anzubieten.“ Dort hingen sonst nie Wohnungsangebote. Ich sprach den Kollegen an, der das angeheftet hatte. Wir verabredeten uns für den gleichen Tag zur Besichtigung. Sandra staunte nicht schlecht, als ich sie zwei Stunden später anrief: ich hätte eine Wohnung mit zwei großen Zimmern, eines als Meditationsraum, das andere für uns. Am Nachmittag könnten wir sie besichtigen.

1Die Wohnung war sehr verkehrsgünstig gelegen, direkt an einer U-Bahn-Station der U7 (an dieser Linie wohnten auch Sandras Eltern). Es war zwar in einem Hochhaus, aber mit sehr guten Publikum, es stellte sich heraus, dass auf der gleichen Etage (6. OG) noch eine Zahnärztin und ein emeritierter Professor wohnten. (Das Bild links entstand im Flur bei der Wohnungsbesichtigung.)

Frau Hülsenbeck, die Vormieterin, war verstorben, sie hatte keine Erben. Als Mitmieter war ein Kollege von mir eingetragen, der sich die Wohnung wohl sichern wollte, falls seine Tochter einmal in Frankfurt studiert. Die Wohnung war noch voll eingerichtet und die Miete so günstig, weil seit den 50er Jahren – solange hatte Frau Hülsenbeck dort gewohnt - nichts an der Wohnung gemacht worden war. Die Baugesellschaft würde, wenn die Wohnung zurückgegeben würde, diese modernisieren und dann viel teurer weiter vermieten.

Am Morgen noch war das Problem, wie es nach dem Scheitern des Vier-Stufen-Planes weitergehen sollte, eklatant. Kurz darauf die heftige Auseinandersetzung zwischen Eli und Sandra, der man die Auswirkungen auf dem kleinen Bild noch ansehen kann – und binnen Stunden war alles gelöst, gerade so als habe eine höhere Macht eingegriffen.

Die Sommerferien standen vor der Tür, zunächst würde ich auf ein Retreat im Rahmen der Ordinationsvorbereitung nach England fahren, im August und September würden wir dann die Wohnung renovieren und ab Anfang Oktober wären wir unter Umgehung der Stufe 2 des 4-Stufen-Plans bereits bei Stufe 3 angelangt. Es schien alles auf dem besten Weg!

Ich war gerade bei der Renovierung, da erhielt ich einen Brief vom Justitiar der Hausverwaltung, den ich hier in Auszügen wiedergebe:

„Sehr geehrter Herr Gunkel, heute ist Freitag der 13. - und dieser Brief fällt für Sie dementsprechend aus: Da nicht nur mir, sondern auch anderen Hausbewohnern die eigenmächtige Wohnungsvergabe des Herrn K. aufgefallen ist, … ist die Weitervergabe der Wohnung an Sie unzulässig. Es handelt sich um eine vertragswidrige Untervermietung gem. § 540 BGB, welche die Vermietergesellschaft zur fristlosen Kündigung des leider noch mit Herrn K. bestehenden Mietverhältnisses gem. § 543 Abs. 2, Ziffer 2 BGB berechtigt... Bevor sie sich in Unkosten stürzen (…) und in wenigen Wochen wieder ausziehen müssen, sollten Sie sich die ganze Sache gut überlegen...“

Das war in der Tat starker Tobak. Doch da ich den Eindruck hatte, diese Wohnung aufgrund höherer Fügung bekommen zu haben, war ich bei allen Bedenken dennoch zuversichtlich. Ich entschloss mich in meinem Antwortschreiben einen zuversicht-lich-versöhnlichen Ton an den Tag zu legen, hier meine Antwort:

Sehr geehrter Herr v. Z...,

ich sehe Ihr gestriges Schreiben als freundschaftlichen Hinweis an – trotz des etwas sarkastischen Tons hinsichtlich Freitag, des 13. So fasse ich es auch als nette Geste auf, dass Sie Ihre Telefonnummer angegeben haben. Ich antworte dennoch brieflich, da ich aus persönlichen Gründen ungern telefoniere.

Ich kann verstehen, dass Sie als ehemaliger Justitiar der ... beständig die Probleme im Vordergrund sehen und ein gewisses grundlegendes Misstrauen ist da nur allzu verständlich. Ich schätze dabei Ihre Erfahrung und bin in der Tat etwas besorgt hinsichtlich Ihrer Ausführungen.

Andererseits ist Herr K. ein Kollege von mir, wir arbeiten zusammen in einer ländlichen Berufsschule in Gelnhausen. Ich habe von der Möglichkeit des Zuzugs in der Habsburgerallee 112 durch einen Aushang im Lehrerzimmer erfahren. Ich habe in der Vergangenheit bei Geschäften im Kollegenkreis nur positive Erfahrungen gemacht. Ähnliches berichten mir die Kollegen. K. ist – wie ich – langjähriger Beamter. Ich gehe daher von einem Missverständnis aus.

Wie ich Ihnen bereits sagte, befindet sich K. derzeit im Urlaub und wird, wenn ich mich nicht täusche, Ende der kommenden Woche zurück sein. Ich werde mich alsdann umgehend an ihn wenden, um die Sache zu klären und bin sicher, dass sich entstandene Missverständnisse dann sofort ausräumen lassen.

Da ich mit den Renovierungsarbeiten usw. auf die Sommerferien angewiesen bin, werde ich jedoch nicht umhin können, auch die kommende Woche voll hierfür zu nutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Und siehe da, dieser Kelch ging an mir vorbei, am 9. September bestätigte die Wohnungsbaugesellschaft meinen Mietvertrag. Anfang Oktober weihte dann Jnanacandra, spätere Leiterin des Buddhistischen Zentrums Essen, unseren Meditationsraum. Vom Essener Sangha bekam ich ein großes Schreiben mit „Herzlichen Glückwünschen zur Einweihung des neuen FWBO-Zentrums in Frankfurt“.sp

Die Einweihungsfeier war ein voller Erfolg. Für uns war die Anwesenheit von zwölf Personen ein gewaltiger Schritt nach vorn. Im Vorfeld hatten Sandra  (Bild rechts) und ich die ganze Etage renoviert und den Meditationsraum liebevoll mit Motiven aus dem Buddhismus, insbesondere aus unserer Tritarna-Tradition geschmückt, so zum Beispiel hier die Kette des Entstehens in Abhängigkeit mit den upanisas, den Schritten auf dem Weg der Vervollkommnung.

jcDas Bild links zeigt Jnanacandra aus Essen, die den Schreinraum weihte.

Zunächst – bis Ende 2004 – fanden die Meditationsabende 14-täglich statt, wie früher in Großauheim. Ab Januar dann wöchentlich, die Anzahl der Teilnehmer stabilisierte sich an den Offenen Donnerstagen auf etwas sechs bis sieben Leute. Im Jahr 2005 wurden auch zusätzlich noch Kurse angeboten, sodass ich mitunter neben den Meditationsabenden am Donnerstag noch an zwei weiteren Abende Kurse in der Habsburgerallee hatte - und mitunter auch noch zwei Volkshochschulkurse. FWBO Frankfurt lastete mich jetzt voll aus, obwohl ich natürlich auch noch meine Zweidrittelstelle an den Beruflichen Schulen in Gelnhausen hatte und auch noch Zeit für Sandra bleiben sollte. Außerdem versorgten Sandra und ich unsere Gäste häufig mit selbst gebackendem oder kochten etwas für unserer TeilnehmerInnen.pg

Häufig blieben einige Leute länger als bis zum Ende des Meditationsabends um 21.30 h, und nicht selten dauerte es bis zur letzten U-Bahn, bis die letzten gingen, diese fuhr um 1.37 h, also spätestens um halb zwei Uhr nachts waren alle wieder gegangen. Außer natürlich wenn Ordensmitglieder von außerhalb bei uns Veranstaltungen durchführten. Diese übernachteten dann im Meditationsraum. 

gWir unternahmen auch Veranstaltungen außerhalb Frankfurts, z. B. meditative Wanderungen in den nahen Mittelgebirgen, z, B in den Taunus (Bild).

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Die Bilder rechts und unten entstanden bei einem Meditations-Workshop im Frankfurter Ostpark und zeigen Antje, Michael, Detlev und mich, lauter Leute, die auch später in Gelnhausen noch unsere Veranstaltungen besuchen.

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Aber auch die Wesak-Feiern, die Feierlichkeiten anlässlich des Jahrestages der Erleuchtung Buddhas, fanden im Ostpark statt. Auf dem Bild links unser Infostand mit Stefan, Martina, Sandra und mir, auf dem Stand Schriften von Triratna, sowie BuddhaNetz-Infos (Szene 073) und die Zeitschrift „Engagierter Buddhismus“.

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